denkmaeler
Geschichte im Spiegel Duesseldorfer Denkmaeler
../img/nav/1.jpg
../img/nav/3.jpg
../img/nav/4.jpg
../img/nav/5H.jpg
../img/nav/6.jpg
../img/nav/7.jpg
../img/nav/8.jpg
../img/nav/9.jpg
../img/nav/10.jpg
../img/nav/11.jpg
../img/nav/12.jpg
../img/nav/13.jpg
../img/nav/14.jpg
../img/nav/15.jpg
Geschichte im Spiegel Duesseldorfer Denkmaeler
Heinrich-Heine-Gesamtschule

Das Bismarck Denkmal
in Düsseldorf



Facharbeit im Grundkurs Geschichte
bei Herrn Köster
von
N. N.


Schuljahr 2004/2005
Abgabedatum: 23.12.2004


Inhaltsverzeichnis


  1. 1. Vorwort
  2. 2. Einleitung
  3. 3. Beschreibung des Denkmals
  4. 4. Entstehungsgeschichte des Denkmals
    1. 4.1. Die Intention des Denkmals
    2. 4.2. Die Finanzierung des Projektes
    3. 4.3. Die Landschaftliche Situation des Bauplatzes
    4. 4.4. Die Wahl des Künstlers
    5. 4.5. Die Umsetzung des Projektes
    6. 4.6. Die Enthüllungsfeier
  5. 5. Erläuterung des geschichtlichen Hintergrundes
    1. 5.1. Vom Deutschen Bund bis zur Reichsgründung (1815-1871)
    2. 5.2. Das Deutsche Reich unter Bismarck (1871-1890)
  6. 6. Das Denkmal und die historische Realität
  7. 7. Die heutige Bedeutung des Denkmals
    1. 7.1. Die Wirkung des Denkmals auf den Betrachter
    2. 7.2. Hat das Denkmal heute noch seine Existenzberechtigung?
  8. 8. Schluss
  9. 9. Anhang
    1. 9.1. Fragebogen zu den Interview der Passanten
    2. 9.2. Bildnachweis
    3. 9.3. Literaturverzeichnis
    4. 9.4. Selbstständigkeitserklärung

1. Vorwort

Im Rahmen des Geschichtsunterrichts der 13. Jahrgangsstufe bei Herrn Köster befassten wir uns mit den Düsseldorfer Denkmälern des 19. und 20. Jahrhunderts. Jeder der elf Schüler suchte sich ein Monument aus, welches er/sie bearbeiten wollte. Ich entschied mich für das Bismarck-Denkmal auf dem Martin-Luther-Platz. Otto von Bismarck war mir ein Begriff und ich wollte mich in meiner Facharbeit mit dem Mann auseinandersetzen, der die deutsche Geschichte in einem besonderen Maß prägte und namentlich als Gründer des Deutschen Reiches bekannt ist.

2. Einleitung

In meiner Facharbeit beschäftige ich mich mit dem Bismarck-Nationaldenkmal auf dem Martin-Luther-Platz in Düsseldorf. Bevor ich mich jedoch dem Monument zuwende und auf den geschichtlichen Hintergrund eingehe, möchte ich die Euphorie erklären, die mit dem Bau eines solchen Denkmals einherging.

Für die heutige Zeit ist es unvorstellbar, politischen Vertretern Anerkennung in Form eines großen Denkmals zukommen zu lassen. Im 19. Jahrhundert war es jedoch eine weit verbreitete Form vor allem Fürsten, Staatsoberhäuptern und „großen Persönlichkeiten“ des öffentlichen Lebens in Gestalt repräsentativer Denkmäler zu huldigen. In ganz Deutschland befinden sich ca. 700 Denkmäler des Reichskanzlers und über 200 Bismarcksäulen und Bismarck-Aussichtstürme, die zu Lebzeiten Bismarcks und besonders nach seinem Tod errichtet wurden. Woher kam die Verehrung dieses Mannes, der in seiner politischen Laufbahn oftmals rabiat, z.B. gegen die Katholiken und die Sozialdemokraten, vorgegangen war? Um diese Frage zu beantworten, muss man sich den geschichtlichen Hintergrund vergegenwärtigen. Deutschland bestand lange Zeit aus einer Vielzahl von Einzelstaaten, die jeweils von einem Fürsten regiert wurden. Die Bevölkerung strebte nach Freiheit und einer geeinten Nation. Mit der Reichsgründung wurde die lang ersehnte Einheit Deutschlands erlangt und Otto von Bismarck als Schöpfer des Deutschen Reiches gefeiert. Die Denkmals-Bewegung wurde überwiegend von dem Bildungsbürgertum und von Wirtschaftskreisen getragen. In den für die Errichtung des Denkmals entstandenen Bürgervereinigungen befanden sich Juristen, Ärzte, Fabrikanten, Bankiers, Studenten und Lehrer, keinesfalls aber Kleinbürger, Arbeiter und Bauern. 1) Nach seiner Entlassung als Kanzler am 20. März 1890 verschwand Bismarck nicht aus dem öffentlichen Leben. Stattdessen nahm er in Zeitungen regelmäßig Stellung zu politischen Ereignissen und blickte auf die historische Vergangenheit zurück. Die Beliebtheit Otto von Bismarcks wuchs und es entstand das Bild eines Mannes, der das Deutsche Reich gegründet hatte. Die zunehmende Beliebtheit in der Bevölkerung veranlasste die Errichtung zahlreicher Monumente in ganz Deutschland. Die Skulpturen sollten Bismarcks Größe und seine Stärke versinnbildlichen. Der Historiker Volker Plagemann schreibt über die Bismarckdenkmäler: „Eine eindrucksvoll stilisierte Interpretation sollte Bismarcks äußere Erscheinung, seine vermeintlichen Taten und Verdienste, seine Gedanken und Empfindungen vom hohen Sockel herab, oft in gigantischer Größe oder durch bombastische Architektur betont dem Betrachter nahe bringen.“ 2) Tatsächlich unterlagen die lebensechten Abgüssen des Reichskanzlers klaren Bestimmungen: Die Norm sah vor, dass die Skulptur Bismarck von Kopf bis zum Fuß in einer Größe von 2,80 Metern zeigte. Sie war meist aus Metall gefertigt, manchmal auch aus Stein. Platziert war das naturgetreue Standbild auf einem ca. 1,20 Meter hohen Sockel. Um den Reichskanzler befanden sich weitere Figuren, die mit Symbolik ausgestattet waren. Das rechte oder das linke Bein sollte vorgestellt und Bismarck in Militärkleidung abgebildet sein.

Im folgenden Abschnitt werde ich mich mit der Beschreibung des Bismarck-Denkmals befassen.

3. Beschreibung des Denkmals


Abb. 1

Das Bismarck-Nationaldenkmal steht in Düsseldorf auf dem Martin-Luther-Platz. Die Statue ist aus Bronze gefertigt und umfasst eine Höhe von insgesamt sieben Metern. Die Vorderseite des Sockelwürfels trägt die Inschrift „Bismarck“. Das Denkmal zeigt den Reichskanzler in der für ein Bismarckdenkmal typischen Pose. Imponierend steht die drei Meter hohe Figur auf dem Sockel. Das linke Bein ist leicht nach vorn gesetzt und der Blick ist ernst und zugleich würdevoll nach rechts geneigt. Otto von Bismarck trägt einen schlichten Interimsrock der Halbstädter Kürassiere, eine Pickelhaube und in seiner linken Hand ein auf den Boden gestemmtes Schwert. Diese Uniform unterstreicht die Bedeutung des Reichskanzlers, der in beachtlicher Höhe über den Köpfen der Betrachter thront.


Abb. 2

Zu seiner Rechten am unteren Teil des Sockels befindet eine männliche ebenfalls aus Bronze bestehende Figur, die einen Krieger darstellt. Sie steht sinnbildlich für das von Bismarck geeinte wehrhafte Deutschland. Die Figur sitzt mit nacktem Oberkörper leicht nach vorn gebeugt auf dem Fundament. In seiner rechten Hand hält die Skulptur ein Bündel Eichenstäbe, das die deutschen Staaten symbolisiert. In der anderen Hand umfasst der Krieger ein Schwert, welches zur militärischen Abwehr dient.


Abb. 3

Links des Reichskanzlers sitzt eine weibliche Statue, die die zu Zeiten Bismarcks gedeihende Industrie verkörpert. Die bronzene Arbeiterin trägt ein schlichtes Kleid und ihr Kopf ist mit ihren ernsten Augen leicht nach rechts gedreht. Sie stütz sich mit ihrer ausgestreckten rechten Hand auf einem Hammer ab, während die linke Hand in ihre Hüften gestemmt ist. Zu ihren Füßen liegt ein Anker, der mit dem Hammer die Düsseldorfer Industrie versinnbildlicht. Einst waren am unteren Teil des Denkmals Wappen der größeren Bundesstaaten angebracht und auf seiner Vorderseite befand sich das Wappen des Hauses Bismarck. Während der Kriegsereignisse und der Umplatzierung des Monuments sind diese jedoch verloren gegangen. Ebenfalls auf dem Martin-Luther-Platz steht das Nationaldenkmal von Kaiser Wilhelm I. Das Bismarck-Denkmal wurde bewusst so platziert, dass sich der Blick des Reichskanzlers auf den Kaiser richtet. Dies erweckt bei dem Betrachter den Eindruck, als sei Bismarck Wilhelm I. untergeordnet. 3)

4. Entstehungsgeschichte des Denkmals

Dieses Kapitel blickt auf die Anfänge, den Verlauf und die Vollendung des Düsseldorfer Bismarck-Denkmals zurück und schildert den Enthusiasmus, die Freude, den Eifer, aber auch die Probleme und Herausforderungen, die mit der Planung und dem Bau des Monuments verbunden waren.

4.1. Die Intention des Denkmals

Wie oben bereits erwähnt verflachte Bismarcks Popularität in der Bevölkerung auch nach seinem Amtsrücktritt nicht. Er blieb als die politische Gestalt, die die deutsche Nation geformt hatte, in den Köpfen der Menschen verankert. Am 1. April 1895, an seinem 80. Geburtstag, war die Beliebtheit des ehemaligen Reichskanzlers in ganz Deutschland zu spüren. Während der Reichstag sich weigerte Glückwünsche zu überbringen, erreichten beinahe 10 000 Telegramme die Telegrafenstation von Friedrichsruh. Im ganzen Land konnte man vorgefertigte Gratulationskarten kaufen. Mit 35 Sonderzügen reisten Gratulanten aus allen Ecken Deutschlands an. Unter ihnen waren Rektoren sämtlicher deutscher Universitäten einschließlich 6000 Abgeordneten aller studentischen Verbindungen.

Düsseldorf wollte in nichts nachstehen und beschloss den 80. Geburtstag des Altreichkanzlers besonders eindrucksvoll zu gestalten. Der Düsseldorfer Stadtverordnete und Ingenieur E. Schroedter äußerte als erster den Gedanken zur Erbauung eines Bismarck-Denkmals als „ein Zeichen des unvergänglichen Dankes der jetzt Lebenden und zur dauernden Erinnerung an die Größe des Helden“ zu setzen. 4) Dieser Vorschlag fand bei den Intellektuellen - gemeint sind die Vertreter des Bildungsbürgertums und der Wirtschaft - weitestgehend Zustimmung. Am 19. März 1895 gründete sich der Ausschuss „Vereinigung Düsseldorfer Bürger zur Errichtung eines Bismarck-Denkmals in Düsseldorf“, der von 60 Mitgliedern ins Leben gerufen wurde. Mit dem Vorsitzenden Kommerzienrat Schieß an der Spitze stellte sich nun die Frage, wie dieses Projekt finanziert werden sollte.

4.2. Die Finanzierung des Projektes

Die Kosten für den Bau eines Nationaldenkmals waren allgemein bekannt, da besonders im 19. Jahrhundert die Bauwut von Denkmälern ausgebrochen war. Die Mitglieder der Bürgervereinigung stellten einen Teil der Geldsumme bereit, der andere Teil, so erhoffte man sich, würde von den Düsseldorfern getragen. In einem Spendenaufruf richtete man sich an die Bevölkerung:

Mitbürger!


Allüberall [...] regt es sich zur Zeit mächtig, [...] dem Fürsten Bismarck, dem Schmied unseres neuen deutschen Reiches [...] zu seinem achtzigsten Wiegenfeste Glückwunsch und Gruß, Dank und Verehrung in ganz besonders feierlicher Weise zu bezeugen. Selten gab es eine willkommenere Gelegenheit [...] dem Fürsten Bismarck ein Denkmal zu errichten, als ein Zeichen des unauslöschlichen Dankgefühls [...]. Zur Verwirklichung dieses Gedankens [...] richten wir an Alle, die deutsch fühlen und deutsch sind, die Bitte, mit weiteren Gaben dazu beizutragen[...].
5)

Namhafte Düsseldorfer Künstler stifteten Gemälde, deren Verkaufserlös der Finanzierung des Denkmals zugute kam und die westfälische Kohlenzeche „Graf Bismarck“ beteiligte sich ebenfalls mit einer größeren Spende. Bereits am 18. Juni 1895 hatte die Vereinigung einen Gesamtbetrag von 100 000 Mark zur Verfügung, sodass die Durchführung des Gedankens bereits nach drei Monaten als gesichert angesehen werden konnte.

Im weiteren Verlauf ihrer Planung sahen sich die Mitglieder der Bürgerschaft mit der Überlegung eines geeigneten Standorts für das Bismarck-Monument konfrontiert.

4.3. Die Landschaftliche Situation des Bauplatzes

Die Vereinigung Düsseldorfer Bürger zur Errichtung eines Bismarckdenkmals in Düsseldorf suchte nach einem Standort, bei dem die Größe und Würde des Fürsten Otto von Bismarcks besonders zur Geltung kam. Man zog den Dreieckplatz, dem Platz vor dem Hauptbahnhof, den Königsplatz (heutiger Martin- Luther- Platz) und den Hofgarten in Betracht. Schließlich entschieden sich die Mitglieder der Bürgervereinigung, das Nationaldenkmal vor der Kunsthalle auf dem Hindenburgwall zu errichten.


Abb. 4

Einige Jahre zuvor wurde dort das Kaiser-Wilhelm-Denkmal eingeweiht und man wollte dadurch eine engere Verbindung der beiden Skulpturen herbeiführen. 6) Zudem war dieser Platz hinsichtlich der Größe, der Beleuchtung und des Hintergrundes äußerst geeignet. Am 9. Juli 1895 gab die Stadtverordnung ihre Zustimmung unter der vom Denkmalausschuss bereits eingestandenen Bedingung, das höchstens eine Fläche von 12 m Länge und 10,5 m Breite für das Monument beansprucht wird.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Bismarck-Denkmal abgebaut und auf dem Städtischen Hochbauamt zwischengelagert. Es blieb unbeschadet bis auf die Wappenschilde, die am Sockel der Statue angebracht waren und bei der Versetzung verloren gegangen waren. Nach dem Krieg wurde das Monument wieder an seinen alten Platz aufgebaut

Aufgrund von Verkehrs- und städtebaulicher Maßnahmen beschloss der Kultursausschuss am 15. Juni 1961 das Denkmal auf eine Grünfläche an der Ecke Bismarckstraße und Berliner Allee zu versetzten. Drei Wochen darauf änderte der Ausschuss seinen Entschluss und schlug die Grünfläche vor dem Martin-Luther-Platz vor, wo es bis heute noch steht. Durch diese Umbaumaßnahmen gingen die drei Stufen am Fuße des Sockels verloren.

4.4. Die Wahl des Künstlers

Im weiteren Verlauf beschäftige sich das Bürgerkomitee mit der wohl weitaus wichtigsten Frage: Wie soll das Bismarckdenkmal aussehen? Die Mitglieder forderten die Künstlerschaft auf, an einem Preisausschreiben für die Errichtung des Bismarck-Nationaldenkmals teilzunehmen. Solche Wettbewerbe waren zur damaligen Zeit durchaus üblich, wenn nicht von vorneherein ein Künstler feststand. Als Bedingung setze die Bürgerversammlung voraus, den Fürsten Bismarck als Hauptfigur in einer Größe von 3 m und ihn „in einer künstlerisch würdigen und bedeutenden Idee darzustellen“ 7).


Abb. 5

Die Einsendefrist war der 1. Februar 1896. Für die besten Arbeiten war ein Preisgeld von 4000, 3000, 2000 und 1000 Mark ausgesetzt. Bis zu den festgesetzten Zeitpunkt gingen 40 Entwürfe von 36 Künstlern ein. Das Ergebnis war jedoch nicht zufrieden stellend, da keine der Entwürfe die vorgegebenen Anforderungen zu Genüge entsprach. Daraufhin einigten sich die Mitglieder den ersten Preis entfallen zu lassen. Der zweite Preis ging an den Düsseldorfer Bildhauer August Bauer und den Berliner Künstler Johannes Röttger 8). Für ihren Entwurf mit dem Motto „In patria“ 9) erhielten die zwei Künstler 2000 Mark. Allerdings mussten sie ihren Sockelentwurf ändern, bevor sie mit dem Bau des Monuments beginnen durften.

4.5. Die Umsetzung des Projektes

Unter künstlerischer Beobachtung änderten die zwei Bildhauer August Bauer und Johann Röttger ihre Skizze und konnten am 18. Mai 1897 mit der Arbeit am Bismarck-Denkmal beginnen. Über den Ablauf der Bauarbeiten ist nicht viel bekannt. Fest steht, dass der Erzguss des Denkmals in Lauchhammer erfolgte und der Granit für den Sockel aus den Steinbrüchen der Firma Wölfel & Herold in Bayreuth stammt. Die Fertigstellung und den Aufbau des Standbildes wurde von der Düsseldorfer Firma Opderbecke & Neese ab dem 4. April 1899 übernommen.

4.6. Enthüllungsfeier

Das Nationalbewusstsein, das bereits Otto von Bismarcks 80. Geburtstag bestimmte und ausschlaggebend für die Errichtung dieses Nationaldenkmals war, prägte auch die Enthüllungsfeier der Statue am 10. Mai 1898. Viele Bürger des Besitz- und Bürgertums nahmen an der Zeremonie teil. Es wurden patriotische Lieder gesungen und Reden gehalten auf Gott, den Kaiser (gemeint ist Wilhelm I.), das Vaterland und auf Bismarck. Die Festrede hielt der Vorsitzende der Bürgervereinigung, Kommerzienrat Schieß; er bekräftigte das Erfordernis für die Konstruktion des Bismarck-Nationaldenkmals: Ausdruck des Dankes ist es deshalb, wenn aller Orten im Deutschen Lande die Bürger dem großen Kanzler ein äußeres Zeichen ihrer Verehrung stiften [...]: Einen Denkstein dem größten Manne des Jahrhunderts in unseren Mauern zu setzen, als ein Zeichen deutscher Treue, bestimmt, der Nachwelt zu deuten, was uns Bismarck gewesen ist, und das heutige, wie das nachkommende Geschlecht zu mahnen, sein Vermächtnis zu hüten und stets treu zu bleiben [...]. 10) Wie es der Brauch verlangte, fand am Nachmittag im Kaisersaal der Tonhalle ein üppiges Festessen statt, bei dem weiter patriptische Reden gehalten wurden.

5. Erläuterung des geschichtlichen Hintergrundes zu Zeiten Bismarcks

Dieses Kapitel gibt Aufschluss über die wesentlichen Ereignisse, die zu der Auflösung des Deutschen Bundes führten und die Gründung des Kaiserreiches führten.

5.1. Vom Deutschen Bund bis zur Reichsgründung (1815-1871)

Die liberalen Gedanken der französischen Revolution fanden in Deutschland 11), vor allem bei den Studenten und Intellektuellen, Gehör. Sie forderten die Einheit Deutschlands und eine konstitutionelle Monarchie. In dieser vereinte der Kaiser die Macht über die einzelnen deutschen Staaten, er war jedoch an eine Verfassung gebunden. Die Fürsten, die bisher die Befehlsgewalt über die Länder hatten, waren in der Vorstellung vieler Nationalisten nicht vertreten. Um ihre Macht nicht zu verlieren, setzten sich die einzelnen Staatsfürsten 1815 auf dem Wiener Kongress zusammen. Man einigte sich auf das System Metternichs, das eine Wiederherstellung bzw. Aufrechterhaltung der alten monarchischen Ordnung vorsah. Aus dieser Tagung ging der Deutsche Bund hervor, bestehend aus 38 souveränen Staaten. Den nationalen Bewegungen und liberalen Bestrebungen des Bürgertums und der Studentenschaften begegnete der Deutsche Bund mit den Karlsbader Beschlüssen. 12)

In der Mitte des 19. Jahrhunderts trat in Deutschland das industrielle Zeitalter ein, das mit einem wirtschaftlichen Aufschwung, aber auch mit schwerwiegenden sozialen Problemen (z.B. Armut der Arbeiterschicht) verbunden war. Unmut und Missstimmung breiteten sich in der Bevölkerung aus, da die Interessen des Kleinbürgertums und der Arbeiter in der Regierung nicht vertreten waren. Die revolutionäre Stimmung entlud sich 1848 in der Märzrevolution. Die Aufstände führten zum Sturz des Metternischen Systems und zur Auflösung des Deutschen Bundes. Am 18. Mai 1848 trat die Frankfurter Nationalversammlung als erstes gesamtdeutsches, frei gewähltes und verfassungsgebendes Parlament zusammen. Es setzte sich zu 95 Prozent aus Intellektuellen und Vertreternhöherer Gesellschaftsschichten zusammen. Zu den 400 Abgeordneten zählten 20 Konservative, 140 Demokraten und Republikaner und 220 Liberale. Mit der Einberufung des Frankfurter Parlaments erhielten unter anderen die Liberalen mehr Zugeständnisse und die Wirtschaftsprivilegien des Adels wurden aufgehoben. Des Weiteren wurden die Grund- und Menschenrechte verabschiedet. Doch schon bald kam es zwischen den österreichischen und deutschen Abgeordneten zu einer erbitterten Debatte um die Frage, ob Österreich in den Nationalstaat aufgenommen werden soll. Letztendlich entschied man sich gegen die Einbeziehung Österreichs („kleindeutsche Lösung“). Bereits ein Jahr später scheiterte der Versuch eines konstitutionellen Nationalstaats. Zum einen weigerte sich der preußische König Friedrich Wilhelm IV. die Kaiserrone anzunehmen und Deutschland zu regieren, zum anderen stellten sich die Großmächte Preußen und Österreich und mehrere kleinere deutsche Staaten gegen eine liberale Verfassung.

Preußen wollte, nachdem sich der von Österreich dominierte Deutsche Bund aufgelöst hatte, seine Stellung durch eine Neuordnung Deutschlands stärken. Vorgesehen war ein kleindeutscher Staat (d.h. ein Staat ohne Österreich) unter preußischer Führung vor. Diese Pläne ließen sich nicht verwirklichen (Österreich und die Liberalen waren dagegen) und am 16. Mai 1850 wurde der Bundestag des Deutschen Bundes von dem österreichischen Ministerpräsidenten in Frankfurt wieder einberufen. Der preußisch-österreichische Dualismus ließ den Versuch, die Bundesverfassung zu reformieren, scheitern. In dieser Zeit wurde Otto von Bismarck von Wilhelm I. zum preußischen Ministerpräsident berufen. 1864 fanden sich Österreich und Preußen noch einmal zu einem gemeinsamen Vorgehen zusammen. Im Deutsch-Dänischen Krieg kämpften sie gegen Dänemark um die Herzogtümer Schleswig und Holstein. Preußen und Österreich gingen als Gewinner hervor und teilten sich zunächst die Verwaltung. Bereits im folgenden Jahr nahmen die Spannungen zwischen den zwei Staaten zu und Österreich erhielt Holstein und Schleswig ging an Preußen.

Seit seinem Amtsantritt strebte Bismarck die Auflösung des Deutschen Bundes und die Gründung eines kleindeutschen Bundesstaates unter preußischer Führung an. Unter dem Vorwand, Österreich habe sich nicht an die Konvention zur Verwaltung der eroberten Gebiete gehalten, sah Bismarck am 14. Juni 1866 die Bundesverfassung für aufgehoben. Mit dieser faktischen Auflösung des Deutschen Bundes schwor Otto von Bismarck den Deutschen Krieg zwischen Preußen und Österreich herbei. Diesen entschied Preußen für sich und Österreich musste eigene nord- und mitteldeutsche Gebiete an Preußen abtreten ( u.a. Holstein). Des Weiteren war Österreich gezwungen, die Neuordnung Deutschlands in Form eines Norddeutschen Bundes hinzunehmen. Auf Initiative Bismarcks wurde der Norddeutsche Bund am 18. August 1866 gegründet. Er bestand aus 17 norddeutscher Staaten (später kamen das Königreich Sachsen und die süddeutschen Staaten hinzu). Laut der Verfassung standen Preußen das Bundespräsidium sowie die Verantwortung über die Außenpolitik und das Heer zu. Darüber hinaus wurde Otto von Bismarck, preußischer Ministerpräsident, zum Bundeskanzler ernannt. Mit dem Deutschen Krieg hatte Bismarck es geschafft, die politische Rolle Preußens in Deutschland zu stärken, die deutschen Staaten zu einigen, aber auch seine politische Macht auszubauen. Dies war, im Vergleich zu den Ereignissen, die nun folgen, jedoch nur ein kleiner Meilenstein seiner staatsmännischen Karriere.

Die Außenpolitik des Norddeutschen Bundes war durch die zunehmenden gespannten Beziehungen zwischen dem Norddeutschen Bund und Frankreich unter Napoleon III. gekennzeichnet. Nachdem Frankreich durch Preußen außenpolitisch bereits weitgehend isoliert war, spitzten sich die preußisch-französischen Beziehungen zu durch die Kandidatur des Prinzen Leopold von Hohenzollern- Sigmaringen (entfernter Verwandter Wilhelm I.) für den spanischen Thron. Denn Frankreich fühlte sich durch das preußisch-spanische Vorhaben eingeengt und im Falle eines Krieges machtlos. Sollte Prinz Leopold seine Kandidatur nicht zurückziehen, drohte Frankreich Preußen mit einem Krieg. Am 12. Juli 1870 verzichtete Leopold auf Geheiß Wilhelms I. auf den spanischen Thron. Darüber hinaus forderte Frankreich eine schriftliche Entschuldigung des preußischen Königs. Wilhelm I. lehnte diesen Wunsch ab. Dieses Anliegen ging per Telegram aus Bad Ems bei Bismarck ein und wurde von ihm so überarbeitet, dass Frankreich sich in seiner nationalen Ehre beleidigt sah. Darauf hin erklärte Frankreich am 19. Juli 1870 Deutschland den Krieg, den Deutschland gewann.

Die französische Kriegserklärung war von Bismarck begrüßt wurden, denn der Krieg sollte den Norddeutschen Bund mit den süddeutschen Staaten zu einem Reich vereinen. Dies gelang dem preußischen Ministerpräsidenten auch, als sich die süddeutschen Staaten während des Deutsch- Französischen Krieges auf die Seite Preußens stellten. Am 18. Januar wurde Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser ausgerufen - das Deutsche Reich war gegründet.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass Bismarcks Vorstellung von einem vereinten Deutschland in Form eines kleindeutschen Bundes durch seinen diplomatischen Eifer befriedigt werden konnte.

5.2. Das Deutsche Reich unter Bismarck (1871-1890)

Am 21. März 1871 setzte sich der Reichstag erstmals zusammen und am 16. April konnte die neue Reichsverfassung bereits in Kraft treten. Das Deutsche Reich war eine konstitutionellen Monarchie, an deren Spitze der preußische König Wilhelm I. als Deutscher Kaiser stand. Dieser berief und schloss den Reichstag, ernannte den Reichskanzler, entschied über Krieg und Frieden und befehligte die Streitkräfte. Bismarck wurde zum Reichskanzler ernannt. Er war einzig dem Kaiser verpflichtet und übernahm die wirtschaftliche Sicherung des Landes und dessen Außenpolitik.


Abb. 6

Demgegenüber hatte der Reichstag kaum politischen Einfluss und konnten lediglich gemeinsam mit dem Bundesrat bei der Gesetzgebung mitwirken. Die Abgeordneten des Reichstages wurden von dem deutschen Volk ( Männer über 25 Jahre) durch das allgemeine, gleiche und geheime Wahlrecht gewählt. Der Bundesrat, der 58 Mitgliedern der 25 Bundesstaaten zählte, wurden von dem Reichskanzler, also Otto von Bismarck, geleitet und nahm -wie oben erwähnt- an der Gesetzgebung teil.

Seine Stellung als Reichskanzler gewährte Bismarck großen politischen Einfluss und Unabhängigkeit, die er gezielt einsetzte. Kaiser Wilhelm I. rückte zusehends aus dem politischen Spielfeld und das Deutsche Reich wurde überwiegend von Bismarck regiert. Bismarcks Außenpolitik richtete sich auf Frieden und die Isolierung Frankreichs. 1873 schloss der Kanzler das Dreikaiserabkommen mit Österreich und Russland. 1878 vermittelte er als Vorsitzender des Berliner Kongresses im Balkankonflikt zwischen Österreich- Ungarn, Großbritannien und Russland. 1879 gründete er mit Österreich den Zweierbund, der 1882 durch den Beitritt Italiens zum Dreierbund erweitert wurde und 1887 vereinbarte Bismarck den Rückversicherungsvertrag mit Russland, der beide Länder zur Neutralität im Kriegsfall verpflichtete.

Bismarcks Innenpolitik war zunächst liberal. Als jedoch die wirtschaftliche Hochblüte der Gründerjahre 13) des Deutschen Reiches vorbei war und die Schwerindustrie sowie die Landwirtschaft in eine wirtschaftliche Krise gerieten, schlug Otto von Bismarck eine konservative Richtung ein. Zum Schutz der preußischen Landwirtschaft und Industrie führte er 1879 Schutzzölle ein. Durch diesen Protektionismus mussten deutsche Betriebe sich nicht vor ausländischer Konkurrenz fürchten. Durch den zunehmenden Erfolg der sozialistischen Arbeiterpartei SAP ( Ziele: Errichtung eines freien Staates ohne Bismarcks autoritäres Regime und einer sozialistischen Gesellschaft) erließ der Reichstag 1878 auf Druck des Reichskanzlers Otto von Bismarck das Sozialistengesetz. Dieses Gesetz untersagte Konstellationen und Verbände wie z. B. die Gewerkschaften und die SAP. Parallel zum Sozialistengesetz führte der Reichskanzler durchaus fortschrittliche Sozialgesetze wie die Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung ein. Demzufolge wollte Otto von Bismarck die Arbeiterschaft für sich gewinnen, diese von der Sozialdemokratie entfernen und sie somit an das politische System des Deutschen Reiches binden.

Am 20. Mai 1890 entließ der junge Kaiser Wilhelm II. 14) Otto von Bismarck aus seinem Amt aufgrund persönlicher und politischer Differenzen. Beispielsweise äußerte sich der Kanzler abfällig über die Jugend des damals 28 Jahre alten Kaisers, rühmte sich als sein erfahrener Berater oder seine politischen Ansichten waren mit denen des Kaisers nicht vereinbar. Nach seinem politischen Rücktritt übernahm Georg Leo von Caprivi das Amt des Reichskanzlers und preußischen Ministerpräsidenten.

6. Historische Realität

Dieses Kapitel soll sich mit der Frage beschäftigen, ob Bismarck den Huldigungen um seine Person gerecht wird. Dabei wird seine politische Führung innerhalb des Deutschen Reiches kritisch betrachtet.

Otto von Bismarck hat in seiner politischen Laufbahn als erster Kanzler des Deutschen Reiches Bedeutendes und Einschneidendes erreicht und ist noch bis in die heutige Zeit für die Menschen eine bekannte Persönlichkeit: Durch die Reichsgründung einigte er die deutschen Staaten und war den Wünschen des nationalliberalen Bürgertums entgegengekommen. Dieses setzte sich aus Vertretern des Bildungsbürgertums zusammen und forderte nach der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches im Jahr 1806 einen deutschen Nationalstaat. Dieser sollte auf einer konstitutionellen Monarchie fußen, d.h. einer Staatsform, die auf einer Verfassung aufbaute und von einem Kaiser regiert wird. Die nationalen Gedanken wurden jedoch durch das System Metternichs und die Karlsbader Beschlüsse unterbunden.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hielt die Industrialisierung in Deutschland Einzug. Sie basierte auf Kohle, Eisenbahnen, Maschinenbau, Pharmazeutika und der Großchemie. Das Wirtschaftsklima verbesserte sich und die ersten Jahre nach der Reichsgründung waren mit Wohlstand verbunden. Als im Mai 1878 die Wiener Börse einen Krach erlebte, kam es bald zu Strukturkrisen in der Schwerindustrie und in der Landwirtschaft. Otto von Bismarck war daran gelegen die nationale Wirtschaft vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Er schlug nun eine konservative Bahn ein und im Jahr 1879 verabschiedete die Regierung den ersten Zolltarif.

Bismarck hatte als Reichskanzler nicht nur Anhänger, sondern auch - wie er sie nannte - „Reichsfeinde“. Zu seinen Kontrahenten zählten die Katholiken und die Sozialdemokraten. Der Katholizismus war durch die Zentrumspartei vertreten. In ihr sah Bismarck eine Bedrohung für Deutschland, da die Kirche den Zivilstand, die Erziehung, die Schulen etc. stark beeinflusste. Unmittelbar nach der Reichsgründung 1871 leitete er eine Reihe von Schritten gegen die katholische Kirche in Deutschland und ihre politische Vertretung ein. Sein Ziel war es, die Katholiken aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen. Auch die Sozialdemokraten waren als Partei im Reichstag vertreten. Anfangs zählten sie nur wenige Mitglieder. Mit der Zeit stieg jedoch ihre Popularität, vor allem beim Kleinbürgertum. Die Sozialdemokraten verlangten ein Deutschland mit mehr sozialen Engagement, vor allem für die Arbeiterklasse, und ohne Bismarcks autoritäres Regiment. Der Reichskanzler versuchte mit aller Macht die sozialistischen Bestrebungen zu unterzubinden und veranlasste 1879 das Sozialistengesetz. Es verfehlte jedoch das Ziel, die Sozialdemokratie zu schwächen. Sie waren weiterhin im Reichstag vertreten und durften lediglich in der Öffentlichkeit nicht für ihre Zwecke werben. Bereits zwölf Jahre später, als das Gesetz keine Mehrheit mehr fand, stimmte jeder vierte Wähler für die Sozialdemokraten. Der Fall des Sozialistengesetztes geht mit der Niederlage der Macht Bismarcks einher.

Darüber hinaus nahmen die innenpolitischen Spannungen zu. Das deutsche politische System verband monarchischen Absolutismus und parlamentarische Demokratie. Es gab zwar einen demokratisch gewählten Reichstag, doch war dessen Macht begrenzt. Die politische Führung ging vom Reichskanzler aus, der allein dem Kaiser verantwortlich war. Dem Parlament hatte er auf Fragen zu antworten, aber die Amtsführung übernahm letztendlich Bismarck. Als Wilhelm I. verstarb und sein Enkel Wilhelm II. das Amt des Kaisers annahm, wurden die Verhältnisse unerträglich. Otto von Bismarck, der die Jahre nach der Reichsgründung stets freie Hand in der Politik hatte (Wilhelm I. hielt sich stets im Hintergrund), wurde seit dem Amtswechsel in seiner Freiheit eingeschränkt: Im April 1889 streikten an der Ruhr und in Oberschlesien an die 150 000 Bergarbeiter für höhere Löhne und mehr Sicherheit. Die Kohlereserven waren fast aufgebraucht und Bismarck wollte die Bergwerke durch Truppen schließen und den Ausnahmezustand erklären. Der Kaiser wollte nichts davon wissen, zeigte sich kooperativ und sicherte den Arbeitern zu, sie zu unterstützen. Die Auseinandersetzungen endeten damit, dass Kaiser Wilhelm II. den Rücktritt des Reichskanzlers verlangte. Der Rücktritt ließ viele Deutsche aufatmen, die unter Bismarcks Absolutismus gelitten haben. Die Frau des verstorbenen Kaisers Friedrich III. (s. Anmerkung 14) reagierte folgendermaßen: „Was haben wir gelitten unter diesem Regime. [...] Er machte das Leben in Berlin fast unerträglich, wenn man nicht sein rechtloser Sklave sein wollte. [...] Wer die Außenseite sieht, der denkt, dass Deutschland stark, groß und einig ist [...]. Wenn nur der Preis bekannt wäre, den das alles forderte.“ 15)

Folglich war Otto von Bismarck ein herausragender Politiker, er führte aber gleichsam eine rigorose und unerbittliche Politik. Der Reichskanzler wurde von dem Bildungsbürgertum und Wirtschaftsmännern verehrt, während unter anderen dem Kleinbürgertum und der Arbeiterschaft seine Staatsführung missfiel. In Bezug auf die Ausgangsfrage ist zu sagen, dass die Bismarck- Nationaldenkmäler zumindest einen Teil der Realität widerspiegeln und die Begeisterung ausdrücken, die von einigen Teilen der Bevölkerung empfunden wurde.

7. Die heutige Bedeutung des Denkmals

Dieses Kapitel gibt Aufschluss über die Bedeutung des Bismarck- Denkmals für den Menschen des 21. Jahrhunderts . Es stellt sich der Frage, ob das Gedenken an einem Mann, der vor 114 Jahren in der deutschen Politik tätig war, noch berechtigt ist. Ich stütze mich dabei auf mein Interview mit fünf von mir willkürlich ausgesuchten Passanten. Die Befragten waren alle unterschiedlichen Alters (ca. 30 bis 60 Jahre).

7.1. Wirkung des Denkmals auf den Betrachter


Abb. 7

Mein erster Eindruck von dem Bismarck-Monument war enttäuschend. Obwohl die Erscheinung des Reichskanzlers sehr imposant und ausdrucksvoll ist, geht die Skulptur auf dem Martin-Luther-Platz unter. Sie ist an den Rand des Standortes gedrängt und befindet sich nur wenige Meter von der sehr viel befahrenen Berliner-Allee. Außerdem zieht das Nationaldenkmal von Kaiser Wilhelm I. alle Blicke auf sich. Es steht in der Mitte des Platzes auf einer Grünfläche und wirkt in seiner Größe und Gesamtgestaltung bei weitem pompöser als das Bismarck-Denkmal. Ein Passant äußerte sich dazu: „Bismarck wirkt wie der Diener des Kaisers.“ .

Von den fünf befragten Fußgängern ist das Bismarck- Denkmal drei Personen nicht aufgefallen. Einer dachte beim Vorbeigehen an seine Arbeit, der andere war zu sehr von dem Kaiser Wilhelm- Denkmal abgelenkt, während der Dritte sich einfach nicht für die Zeitgeschichte interessierte. Einem Mann Mitte fünfzig war die Statue aufgefallen, da er Bismarck durchaus kannte. Wie oben erwähnt, sieht er in der Anordnung des Bismarcks- und des Wilhelm- Denkmals eine deutliche Unterwerfung des Reichskanzlers gegenüber dem Kaiser. Eine 29- Jährige Frau wurde beim Warten auf ihren Freund auf das Monument aufmerksam. Sie verband aber nichts weiter damit.

Auf die Frage hin, ob sie sich vorstellen könnten, unseren Bundeskanzler Gerhard Schroeder mit einem Gedenkstein zu huldigen, antworteten alle Befragten mit einem eindeutigen „Nein!“. Auf der einen Seite hieß es: „Im Gegensatz zu Bismarck und Helmut Kohl hat Schröder in seiner Amtsperiode noch nichts Bedeutendes erreicht.“. Andere begründeten ihre Aussage damit, dass in der heutigen Zeit dieser Personenkult um Politiker (zumindest deutsche) nicht mehr existiert. In einigen Antworten lässt sich auch Unmut und Unzufriedenheit über die heutige Regierung vernehmen: „ Ein solches Denkmal wäre nichts weiter als eine Verherrlichung, wobei die Realität außer Acht gelassen würde.“.

Alle Befragten verstanden es, dass Otto von Bismarck während und auch nach seiner Amtsperiode durch den Bau von Denkmälern und Türmen geschätzt und verehrt wurde. Denn auch für die heutigen Menschen ist er ein Mann von „großer Bedeutung“, der in seiner politischen Karriere „viel erreicht“ hat.

Abschließend ist zu sagen, dass sich Bismarck in den Köpfen der heutigen Bevölkerung als ein herausragender Staatsmann erhalten geblieben ist. Obwohl nicht alle Interviewten auf das Denkmal aufmerksam geworden sind, konnten sie die Huldigung um Bismarcks Person gut nachvollziehen.

7.2. Hat das Denkmal heute noch seine Existenzberechtigung?

Alle interviewten Personen nahmen in Bismarck eine „herausragende Persönlichkeit“ wahr, der die Politik in einer besonderen und entscheidenden Weise vorangetrieben hat. Die befragten Fußgänger fanden die Ehrung Bismarcks durch ein Nationaldenkmal durchaus verständlich. Auch ich kann mich dieser Meinung anschließen. Abgesehen von seiner strikten politischen Führung, unter der einige Menschen zu leiden hatten, finden sich viele seiner politische Umsetzungen in der heutigen Zeit wieder. Beispielsweise hat Otto von Bismarck einen ersten Schritt in Richtung eines Sozialstaates gemacht, indem er die Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung einführte. Außerdem hat er die deutschen Einzelstaaten vereinigt. Wäre dies nicht geschehen, wie sähe Deutschland wohl heute aus? Gewiss hätten andere Politiker Deutschland vorangetrieben, doch die Anfänge gehen auf Bismarck zurück. Davon ausgehend finde ich, dass das Bismarck- Nationaldenkmal in ebenfalls in der heutigen Zeit seine Existenzberechtigung hat.

8. Schluss

Die Bearbeitung meines Themas hat mir sehr gefallen, denn die Tätigkeit war äußerst vielseitig. Ich habe einiges über den geschichtlichen Hintergrund dazu gelernt und die Bedeutung erkannt, die hinter dem Bau eines Nationaldenkmals steht. Interessant war ebenfalls die Bürgerbefragung, da sie zeigte, welches Bild die Menschen der heutigen Zeit von Otto von Bismarck haben. Gerne wäre ich ausführlicher auf einzelne Punkte eingegangen, doch hätte dies den Rahmen einer Facharbeit gesprengt. Diese Arbeit hat mich gelehrt, demnächst mit offeneren Augen durch die Städte zu gehen und noch weitere historische Bauten zu entdecken.

Die Materialsuche ging zunächst schleppend voran. Die Auswahl an Literatur in der Stadtbücherei war sehr dürftig. In der Universitätsbücherei und im Internet hatte ich allerdings mehr Erfolg. Bis auf die Angaben zu den Künstlern des Bismarck- Denkmals war ich mit ausreichend Informationen versorgt und konnte relativ zügig mit der Arbeit beginnen.

Ich hoffe, dass das Lesen der Facharbeit Freude bereitet und der Sachverhalt verständlich ist.

9. Anhang

9.1. Fragebogen zu den Interview der Passanten

Die heutige Bedeutung des Denkmals:


Daten über die befragte Person:


  • Weiblich/männlich:

  • Alter:

  • Beruf:


Fragen zum Bismarck-Nationaldenkmal:


  1. Ist Ihnen das Denkmal beim Vorbeigehen aufgefallen?


    • Wenn nein, worin könnte der Grund darin liegen?


_______________________________________________________________

_______________________________________________________________

_______________________________________________________________


    • Wenn ja, haben Sie sich mit ihm näher beschäftigt? Welche Gedanken/Assoziationen sind Ihnen in den Sinn gekommen?


_______________________________________________________________

_______________________________________________________________

_______________________________________________________________



  1. Könnten Sie sich vorstellen unseren heutigen Bundeskanzler Gerhard Schröder mit einem Nationaldenkmal zu huldigen?


    • Wenn nein, wieso nicht?


_______________________________________________________________

_______________________________________________________________

_______________________________________________________________


    • Wenn ja, wieso?

_______________________________________________________________

_______________________________________________________________

_______________________________________________________________



  1. Finden Sie es aus der heutigen Sicht nachvollziehbar, dass im 19 Jahrhundert für einen Staatsmann wie Bismarck in ganz Deutschland hunderte von Denkmälern errichtet wurden? (Bei Bismarck waren es ca. 700 Denkmäler und 200 Türme)


­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­_______________________________________________________________

_______________________________________________________________

_______________________________________________________________

9.2. Bildnachweis

  • Deckblatt: zeigt das Bismarck-Nationaldenkmal in Düsseldorf

  • Abbildung 1: zeigt die Figur Bismarcks des Düsseldorfer Bismarck-Denkmal; N. N.

  • Abbildung 2: zeigt die Kriegerfigur am Sockel des Bismarck- Denkmals; N. N.

  • Abbildung 3: zeigt die allegorische Figur der „Industrie“ am Sockel des Bismarck- Denkmals; N. N.

  • Abbildung 4: zeigt das Nationaldenkmal vor der Kunsthalle auf dem Hindenburgwall; aus:
    www.phil-fak.uni-duesseldorf.de (geschichte/summerschool/bismarck/startseite)

  • Abbildung 5: zeigt den Entwurf der Bildhauer Alfons Bauer und Johannes Röttger; aus:


    www.phil-fak.uni-duesseldorf.de (geschichte/summerschool/bismarck/startseite)

  • Abbildung 6: zeigt die Verfassungen des Deutschen Kaiserreiches (1871-1918); aus: Encarta Enzyklopädie 2003

  • Abbildung 7: zeigt das Kaiser Wilhelm I.- Denkmal und Bismarck- Monument (roter Pfeil) auf dem Martin-Luther-Platz; aus:
    www.phil-fak.uni-duesseldorf.de (geschichte/summerschool/bismarck/startseite)

    9.3. Literaturverzeichnis

    Bücher

    • A. Houben, H. Maers: Düsseldorf. In Stein und Bronze. Düsseldorf: Triltsch Verlag, 1984

    • C. von Looz- Corswarem, R. Purpar: Kunststadt Düsseldorf. Objekte und Denkmäler im Stadtbild. Düsseldorf: Grupello Verlag, 1996

    • H. Delvos: Geschichte der Düsseldorfer Denkmäler, Gedenktafeln und Brunnen. Düsseldorf: L. Schwann Verlag, 1938

    • M. Stürmer: Das Deutsche Reich. 1870-1919. Berlin: Berliner TB 76042, 2000

    • V. Ullrich: Otto von Bismarck. Hamburg: Rowohlt TB 50602, 1966

    Internetquelle



    9.4. Selbstständigkeitserklärung

    1 vgl. Kapitel „Historische Realität“

    2 vgl. Volker Plagemann: Bismarckdenkmäler, in: Denkmäler im 19. Jahrhundert, S.245

    3 vgl. Kapitel „ Die Wirkung des Denkmals auf den Betrachter“

    4 Zitat E. Schroedters aus: Huber Delvos: Geschichte der Düsseldorfer Denkmäler, S.144

    6 vgl. Kapitel „Das Denkmal und seine historische Realität“

    7vgl. H. Delvos: Geschichte der Düsseldorfer Denkmäler, S.145

    8 weitere Informationen zu den Künstlern waren nicht auffindbar

    9 ist lateinisch und heißt übersetzt: „Für das Vaterland“

    11 damals noch das Heilige Römische Reich (Hochmittelalter bis zum Jahr 1806)

    12 die Karlsbader Beschlüsse forderten eine strenge Kontrolle über die Universitäten, Studentenvereinigungen und über die Presse

    13 Zeitraum von 1871 bis zum „Gründerkrach“ 1873 (gemeint ist der Börsenkrach in Wien)

    14 Kaiser Wilhelm I. starb am 9. März 1888 und übergab das Amt an seinen Sohn Friedrich III., der an seinem 99 Regierungstag an Krebs verstarb und die Kaiserkrone an seinen Sohn Wilhelm II. weiterreichte

    15 vgl. M. Stürmer: Das Deutsche Reich. 1870-1919, S. 107

© Copyright 2006 Freimut Köster
Design: Professional Web Solutions