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Sonntag, den 26.09.99

Irgendwann vor acht Uhr musste der Wecker wohl geklingelt haben. Paul war der Erste, der auf den Beinen war und uns, den Rest, geweckt hatte. Wir nahmen die übliche Körperpflege vor und zogen uns an, bevor es zum Frühstück ging. Am Frühstückstisch sah und merkte man, wie müde viele Kursteilnehmer noch waren. Nach und nach mischte sich das beschwerlich aufkommende Gespräch zwischen uns mit dem Geklapper und Klirren des Geschirrs.
Nach dem Frühstück ging es schon lebendiger zu. Die Tische wurden abgeräumt und jeder begab sich auf sein Zimmer, um sich für den bevorstehenden Tag und somit für das heutige Programm zu rüsten. Allmählich sammelten wir uns vor der „Pension Uhland" um Frau Vallery und Herrn Köster, bis alle eingetrudelt waren und wir uns zur nahe gelegenen U-Bahnstation begeben konnten, um von dort aus zum Potsdamer Platz zu fahren.
Dort angekommen, versammelten wir uns erneut um Herrn Köster, um zu hören, was es mit dem Potsdamer Platz Photo Seite stadtgeschichtlich eigentlich auf sich hat, während Frau Vallery uns alle dabei mit einer Videokamera filmte.
Nach einem Rundgang und der Besichtigung der neuen Bauten begaben wir uns danach zum Berliner Abgeordnetenhaus Photo Seite, dem früheren Preußischen Landtag, um dort Patrick die Gelegenheit zu geben, vor eindrucksvoller Kulisse sein Referat zu halten.
Sein Referat über die oktroyierte preußische Verfassung war gelungen, jedoch konnten wir manches wegen des Straßenlärms nicht verstehen.
Nicht weit vom Berliner Abgeordnetenhaus befindet sich das Austellungsgelände "Topographie des Terrors" Photo Seite . Hier (an der früheren Prinz-Albrecht-Straße) befand sich bis zum Ende des Krieges das Machtzentrum der SS.
Bevor wir die Ausstellung besichtigten, hielt Vanessa ihr Referat über die SS, das schlimmste Terrorinstrument der Nazidiktatur; sie gab uns somit eine Vorabinformation über das, was uns in dieser Ausstellung erwartete.
Die Besichtigung der zahlreichen, meist eindrucksvollen Fotos, Texte und Dokumente über die Brutalität der SS und deren Opfer dämpfte unsere Stimmung zunehmend; dazu passte der beginnende Regen.
Nach einiger Zeit verließen wir diesen Ort des Schreckens und gingen weiter zum Bundesfinanzministerium Photo Seite auf der Wilhelmstraße, dem früheren „Reichsluftfahrtministerium" während des Dritten Reiches und „Haus der Ministerien" in der Zeit der DDR. Wir standen auf der gegenüberliegenden Straßenseite und hatten uns dort unter einem Dachvorsprung untergestellt, um nicht weiterhin vom andauernden Regen durchnässt zu werden.
Herr Köster machte uns auf die Besonderheiten dieses Gebäudes aufmerksam, das als ein Beispiel nationalsozialistischer Monumentalarchitektur zu betrachten ist.
Donald Lee

2. Teil

Nachdem wir von Herrn Köster in die Mittagspause entlassen worden waren, ging ich mit ein paar Freunden in ein koreanisches Restaurant.
Ich bin ein Verehrer der asiatischen Küche, und so lag es nahe, auch einmal etwas Koreanisches auszuprobieren.
Donald, ein Koreaner und Freund von mir, schlug mir ein paar Gerichte vor und ich entschied mich für den „Feuertopf", da dieser, wie der Name schon sagt, ein feuriges Gericht sein sollte. Nun gut, nach einer kurzen Zeit des Wartens kam denn nun auch unser Gericht und ich konnte es kaum erwarten, etwas davon zu probieren.
Nachdem Donald und ich etwas von dieser „vorzüglichen" Küche probiert hatten, schauten wir uns beide mit einem leicht enttäuschten Blick an.
Ich wollte zuerst nichts sagen, da dieses so hochgelobte Gericht, welches mir von Donald empfohlen wurde, eigentlich überhaupt nicht schmeckte. Doch als dann Donald leise zu mir sagte, dass dies das schlechteste koreanische Essen sei, was er je gegessen hatte, kam auch ich nicht drum herum etwas zum Besten zu geben. Wir wollten uns aber die gute Laune nicht verderben lassen und so versuchten wir das reichlich schlecht gewürzte Essen mit ein wenig Sojasoße etwas schmackhafter zu machen.
Das Ergebnis war allerdings nicht ganz so, wie wir uns das vorgestellt hatten, denn als ich von meiner Suppe und von meinem Hauptgericht probierte, kam ich mir so vor, als würde ich mit offenem Mund durch die Ostsee schwimmen. Das Essen war dermaßen versalzen, dass es ungenießbar geworden war.
Nachdem wir dann von unserem „Festschmaus" zurückgekehrt waren, um am Brandenburger Tor Photo Seite unsere Gruppe zu treffen, erwartete uns ein ungewöhnlicher Anblick. Da, wo wir uns eigentlich hätten treffen sollen, standen mehrere tausend Menschen, um einem japanischen Volksfest beizuwohnen. Die Frage, die sich uns hierbei stellte, war, wie wir unsere Gruppe inmitten dieser riesigen Menschenmasse finden sollten. Zum Glück trafen wir eine Gruppe, die schon damit angefangen hatte, nach uns zu suchen, denn wir waren wieder einmal zu spät. Unser Geschichtskurs versammelte sich also auf der Rückseite des Brandenburger Tores, wo Frank ein Referat über dies bedeutende Bauwerk hielt. Zu unserer Gruppe gesellten sich alsbald einige Schaulustige, die dem Referat recht interessiert lauschten. Nachdem Frank seinen Vortrag beendet hatte, machten wir uns auf den Weg durch den Tiergarten zum Reichstagsgebäude Photo Seite. Das Reichstagsgebäude ist ein wirklich imposantes Beispiel deutscher Architektur aus der Zeit des Kaiserreiches.
Auf der anderen Straßenseite, gegenüber dem Reichstagsgebäude, versammelten wir uns erneut, um uns Referate von Paul, Nicole und Max anzuhören. Genährt mit Informationen über das Reichstagsgebäude und den Reichstag als Verfassungsorgan während des Kaiserreiches und der Weimarer Republik, machten wir uns nun auf, das Reichstagsgebäude zu „erstürmen". Naja, bei dem Versuch blieb es dann auch zunächst, denn wir wurden in unserem Vorhaben jäh zurückgeworfen, als wir die Menschenschlange vor dem Haupteingang sahen und uns bewusst wurde, dass wir uns ganz hinten anstellen mussten. Unser Wille, das Reichstagsgebäude auch innen zu besichtigen, war gebrochen. Doch ungebrochen war der Wille des Lehrers, und so hieß es denn: „Auf, auf, ihr tapferen Mannen...!" Dies war vielleicht nicht der genaue Wortlaut unseres Lehrers, aber so ungefähr fühlten wir uns. Denn als wir uns an das Ende der Schlange stellten, kam es mir vor, als wäre das Gebäude um ein Vielfaches geschrumpft. Dem war natürlich nicht so, aber man sieht ja bekanntlich nur das, was man sehen will. Und gesehen haben die meisten von uns nur eine schier endlos scheinende Menschenreihe. Doch der Eingang rückte dann doch näher und näher und so schöpften einige von uns wieder neue Hoffnung, doch viele von uns setzten sich - resignierend - auf eine kleine Mauer, da die Müdigkeit und Faulheit doch stärker war als der Wille, das Reichstagsgebäude zu erkunden. Als dann jedoch der Eingang nur noch wenige Meter von uns entfernt war, fühlten wir uns wie jemand, der kurz vor dem „gelobten Land" steht. Das lange Warten hatte ein Ende! Doch worauf hatten wir eigentlich so lange gewartet?
Diese Frage, die ich mir stellte, sollte sich auf dem Dach des Reichstages und in der gläsernen Kuppel Photo Seite des Architekten Sir Norman Fosters beantworten. Von hier aus hatten wir eine unglaubliche Sicht über Berlin, trotz des trüben Wetters. Von hier aus konnten wir z.B. das Brandenburger Tor, die Hochhäuser am Potsdamer Platz, den Fernsehturm und die Kuppeln des Berliner Domes und der Synagoge sehen. Das lange Warten hatte sich gelohnt!
Nachdem wir den Reichstag verlassen hatten, machten wir uns durch den Tiergarten auf den Weg zum sowjetischen Ehrenmal Photo Seite.
Das Ehrenmal ist ein imposantes Monument, erbaut aus dem weißen Marmor von Hitlers neuer Reichskanzlei, verziert mit zahllosen goldenen russischen Schriftzeichen und mit Panzern und Haubitzen aus den Tagen des Kampfes um Berlin bewehrt - ein demonstratives Zeichen des Triumphes der Sowjetunion über das nationalsozialistische Deutschland! Vergeblich versuchten wir, die Inschriften zu entziffern, da gesellte sich ein Mann mittleren Alters hinzu, der der russischen Sprache mächtig war. Er las uns in bestem Russisch vor, was auf den Säulen des Denkmals stand; aber er meinte, auch noch seine eigene Interpreation uns aufdrängen zu müssen, indem er z.B. sagte: „Das, was dort steht, sind natürlich alles Lügen ..."
Danach versuchte er noch, Herrn Köster zu belehren, offensichtlich nicht wissend, dass dieser Geschichtslehrer ist und natürlich seinen eigenen Standpunkt zu diesem Thema hatte.
Als Herr Köster auf all diese Belehrungen nur mit einem trocken-ironischen: „Ja, ja, natürlich!" antwortete, mussten wir uns sehr zusammennehmen, dass wir nicht alle in schallendes Gelächter ausbrachen. Überzeugt davon, uns belehrt und aufgeklärt zu haben, zog der Mann von dannen. Auch wir taten es ihm gleich, denn unsere Füße waren nach diesem langen Fußmarsch arg in Mitleidenschaft gezogen worden und so freuten wir uns auf unsere Freizeit, die wir damit verbrachten, das Nachtleben von Berlin näher kennen zu lernen.
Tim Evers

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