denkmaeler
Geschichte im Spiegel Duesseldorfer Denkmaeler
../img/nav/1.jpg
../img/nav/3.jpg
../img/nav/4.jpg
../img/nav/5.jpg
../img/nav/6.jpg
../img/nav/7.jpg
../img/nav/8H.jpg
../img/nav/9.jpg
../img/nav/10.jpg
../img/nav/11.jpg
../img/nav/12.jpg
../img/nav/13.jpg
../img/nav/14.jpg
../img/nav/15.jpg
Geschichte im Spiegel Duesseldorfer Denkmaeler

Die Bronzefigur
"Ehra oder Kind mit Ball"

Semra Begkondu


Inhaltsverzeichnis


  1. 1. Vorwort
  2. 2.Einleitung
  3. 3. Bezeichnung und Standort des Denkmals
  4. 4. Beschreibung des Denkmals
  5. 5. Entstehungsgeschichte der Bronzefigur
  6. 6. Welche Intention steckt hinter Pankoks Werk?
  7. 7. Geschichtlicher Hintergrund
  8. 8. Denkmal und historische Realität
  9. 9. Schluss
  10. 10. Reflexion
  11. 11. Anhang

1. Vorwort

Am 22. September 2004 wurde im Zusatzkurs Geschichte zum ersten Mal die Analyse eines Düsseldorfer Denkmals angesprochen. Dabei wurde jedem Schüler die Aufgabe gestellt, ein Referat über eines der zehn vorgeschlagenen Düsseldorfer Geschichtsdenkmäler zu schreiben. Diese Analyse sollte selbstständig und auf ein geschichtlich-politisches Denkmal in Düsseldorf bezogen sein.

Da ich vor einigen Jahren durch Zufall die kleine Bronzefigur "Kind mit Ball" an der Rheinuferpromenade entdeckt hatte, war es die Gelegenheit, mich näher mit dieser Figur zu beschäftigen.

2. Einleitung

Die Bronzefigur "Ehra oder Kind mit Ball" stellt ein Zigeunermädchen dar, das zu den wenigen KZ-Überlebenden aus dem Lager Höherweg gehört.

Sinti und Roma sind ein in kleinen Gruppen über die ganze Welt verstreut lebendes Volk, das über gemeinsame kulturelle und sprachliche Wurzel verfügt.

Da die Sinti und Roma nach der nationalsozialistischen Ideologie zu den "nichtreinrassigen" Minderheiten gehörten, wurden sie verfolgt und auf grausamste Art und Weise gepeinigt und ermordet.

Die Bronzefigur des Künstlers Otto Pankok soll als Denkmal an diese Unterdrückung und grausame Verfolgung der Sinti und Roma erinnern.


Was steckt wirklich hinter dieser Figur?

Wer schuf dieses Werk mit welcher Intention?

Hat diese Figur heute noch eine Bedeutung?


3. Bezeichnung und Standort des Denkmals

Die kleine Bronzefigur "Ehra oder Kind mit Ball" von Otto Pankok wurde in Jahre 1955 angefertigt und steht für das Andenken an die im nationalsozialistischen Deutschland verfolgten und ermordeten Sinti und Roma. Sie befindet sich an der Rheinuferpromenade der Düsseldorfer Altstadt mit dem Rücken zum Filmmuseum gegenüber dem alten Hafen.

4. Beschreibung

Die kleine Bronzefigur stellt Ehra dar, ein Sinto-Mädchen, das zu den wenigen KZ-Überlebenden aus dem Lager Höherweg gehörte.


Abb. 1 „Ehra oder Kind mit Ball“ 1955 (Otto Pankok, 1893 - 1966)

Ehra ist ein kleines, zierliches Mädchen mit kurzem wirrem Haar. Betrachtet man die Kleidung des Mädchens, dann fällt auf, dass sie aus einfachsten oder sogar aus armen Verhältnissen stammt. Drei schlichte Ketten dienen als Schmuck. Die Ketten deuten darauf hin, dass Ehra vermutlich aus einer Familie stammt, die sich mit dem Schmuckhandwerk beschäftigte. Es ist nämlich bekannt, dass einige Sinti und Roma handwerklich auch in dem Bereich der Schmiedekunst (Gold und Kupfer) sowie der Verarbeitung von Holz und Leder tätig waren. Betrachtet man den Gesichtsausdruck der kleinen Ehra, sieht man einen leicht in den Nacken gelegten Kopf mit erwartungsvollem Blick nach vorne. Ihre nach oben gerichteten großen Kinderaugen, mit denen sie den Betrachter ansieht, vermitteln Hilflosigkeit und Unsicherheit. Mit beiden Händen hält sie einen kleinen Ball fest. Das kindliche Spiel wird hier vom Künstler erfasst.


5. Entstehungsgeschichte der Bronzefigur
"Ehra oder Kind mit Ball"

Es gibt leider keine genauen Angaben zur Entstehung der Bronzefigur, bekannt ist jedoch, dass der Künstler Otto Pankok sich viel mit Sinti und Roma beschäftigte und gute Kontakte zu ihnen pflegte.

In der Zeit des Nationalsozialismus waren Sinti und Roma eine verfolgte Minderheit. Pankok war einer der wenigen Intellektuellen, der sich für solche Minderheiten einsetzte. Pankok hatte eine besondere Beziehung zu den Sinti und Roma, die er unterwegs kennen lernte und viele von ihnen in seinen Werken verewigte.

Ehra hatte überlebt. Sie konnte das Konzentrationslager verlassen und kehrte nach Düsseldorf zurück. Ehra war eins der Modelle für Pankoks "Zigeunerbilder", die er in den 30er Jahren im Düsseldorfer Heinefeld, einem ehemaligen französischem Schießplatz im Norden der Stadt, gemalt hatte. Dort hatten viele Sinti- und Romafamilien Notunterkünfte gebaut und ihre Wagen aufgestellt. Der Künstler Otto Pankok hatte sich in einem Hühnerstall in der Nähe der Lagerplätze eingerichtet und das Vertrauen der Sinti und Roma gewonnen. 1)

Pankok verwendete viele Bilder und Situationen aus dem Alltag der Sinti- und Romakinder in seinen Werken, wie sie mit fröhlichen und ahnungslosen Kinderaugen, vertieft in ihrer kleinen Kinderwelt, umherspielten ohne das Bewusstsein des harten Loses, das ihr Schicksal ihnen zugesprochen hatte.


5.1 Biographie des Künstlers Otto Pankok


Otto Pankok wird am 6. Juni 1893 in Saarn bei Mülheim an der Ruhr als Sohn eines Arztes geboren. Seine Bildung beginnt 1899 in der Volkshochschule in Saarn. Sein Abitur macht Pankok im Jahre 1912, wonach er sechs Wochen an der Akademie in Düsseldorf und sieben Monate an der Kunstakademie in Weimar studiert.

Seine erste Kunstausstellung im Jahre 1913 findet bei dem Kunsthändler Oncken in Oldenburg statt.

Am 12. Dezember 1914 wird er zum Kriegsdienst einberufen und muss in den Krieg ziehen. 1915 wird Pankok an die Westfront nach Nordfrankreich geschickt, wo er nach einer Grabensprengung verschüttet wird und daraufhin verletzt in Lazaretten und Sanatorien liegt. Nach seiner Genesung wird Pankok aus dem Kriegsdienst entlassen und lebt zunächst in Berlin und später in Vechta. Aufgrund eines Versuches, mit eigenen Holzschnitten Flugblätter in örtliche Auseinandersetzungen einzugreifen, wird Pankok aus Vechta ausgewiesen.

1919 zieht Pankok nach Düsseldorf, bis er 1931 nach Frankreich zieht. Seine erste Begegnung mit Sinti ist in Saint-Maries-de-la-Mer in Frankreich. Zurück in Düsseldorf geht er zu den im "Heinefeld" lebenden Sinti. Bis 1934 stellt er sie und ihr Leben häufig dar.

1933 nach der Machtergreifung Hitlers werden Verfolgungen kommunistischer und fortschrittlicher Künstler, unter ihnen auch Pankok, eingeleitet. Aufgrund dieser Verfolgung muss Pankok mit seiner Familie in die Schweiz emigrieren.

Schon bald nach der sog. Machtergreifung beginnen die Nationalsozialisten ihre Gegner mit Hausdurchsuchungen unter polizeiliche Aufsicht zu nehmen. Pankok unterliegt schwerster Kontrolle und Arbeitsverbot durch die Hitlerregime.

Im darauf folgenden Jahr wird ein großer Teil seiner Buchexemplare in Pankoks Wohnung beschlagnahmt. Auf der Ausstellung"Entartete Kunst" in München werden "Zigeunerlithos" von Pankok gezeigt.

1940 behandelt Pankok in seinen Bildern das grausame Schicksal der Juden in Deutschland. 1946 kehrt Pankok nach Düsseldorf zurück. 1947 wird er zum Professor einer Zeichenklasse an die Kunstakademie in Düsseldorf berufen. Im "Drei-Eulen-Verlag" veröffentlicht er eine Sammlung seiner bisherigen Bilder aus der Welt der Sinti und Roma, unter anderem mit einem ausführlichen Vorwort über seine Erlebnisse und Eindrücke mit ihnen.

Im Laufe der Zeit entwirft Pankok viele Werke aus dem Leben der Sinti und Roma. Kurz vor seinem Tod protestiert Pankok mit seinem Holzschnitt "Haltet ein!" gegen den bevorstehenden Vietnamkrieg. 2) 3)

Zusammenfassend kann man sagen, dass Otto Pankok ein Mensch war, der gegen jegliche Rassendiskriminierung kämpfte und das schlimme Schicksal verfolgter Minderheiten auf der Welt in seinen Werken behandelte, um auf diese grausame Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen.

6. Welche Intention steckt hinter Pankoks Werk?

Links von der Bronzefigur steht auf einer Steinplatte:

"Zum Gedenken an die Sinti und Roma, die durch den Nationalsozialismus Opfer des Völkermordes wurden. Diese Figur des Sinto-Mädchens Ehra schuf der Künstler Otto Pankok (1839-1966) zur Erinnerung an die mit ihm befreundeten Düsseldorfer Sinti, von denen über hundert aus dem Lager Höherweg abtransportiert und ermordet wurden. Das Mädchen Ehra selbst gehörte zu den wenigen KZ-Überlebenden."


Mit seinem Werk beabsichtigte Pankok die Bevölkerung auf das schlimme Schicksal der verfolgten Minderheiten und die damit verbundene grausame Ungerechtigkeit gegenüber den Betroffenen aufmerksam zu machen. Das Denkmal steht für das Andenken an die Opfer.

Nur wenige Intellektuelle setzten sich für die Minderheit der Sinti und Roma in Deutschland ein. Aus dem Bereich der bildenden Kunst ist der Graphiker und Bildhauer Otto Pankok. einer der wenigen, der sich für solche Minderheiten stark machte. Pankok war gut mit Sinti und Roma befreundet und lebte in enger Nachbarschaft mit ihnen. Aus dieser Freundschaft erwuchsen viele Kunstwerke, die Pankow auch in der Düsseldorfer Kunsthalle ausstellen konnte. 4)

7. Geschichtlicher Hintergrund

Der geschichtliche Hintergrund der Bronzefigur liegt in der NS-Zeit.

Aber vorher möchte ich hier zunächst einige Informationen zur Geschichte der Sinti und Roma einbringen, damit ihr Aufenthalt in Deutschland, der zu einer grausamen Verfolgung wurde, deutlich wird.

Jeder von uns kennt den Begriff "Zigeuner". Dieser wird größtenteils als Beschimpfung verwendet oder empfunden ohne irgendwelche Informationen über die genaue Herkunft zu haben. Jedoch bestehen zur Zeit zwei unterschiedliche Theorien die besagen, dass der Begriff "Zigeuner" entweder aus dem Volksmund "zieh Gauner!" stammt oder aus der byzantinischen Bezeichnung "Tsigan" nach einer kleinasiatischen Sekte namens Athiggano, die "Unberührbaren". 5)

In früheren Zeiten wurden die Sinti und Roma oft als fröhliche Wandergesellen überall gastfreundlich aufgenommen und mit großer Bewunderung bestaunt und beneidet. Ihre Musik und zahlreiche Geschäfte als Scherenschleifer und Kesselflicker, als Korbmacher und Wahrsager waren in der Bevölkerung sehr beliebt.

Jedoch als Kurfürst Albrecht von Brandenburg an die Macht kam, wurde 1482 der Aufenthalt aller nicht sesshaften Sinti und Roma verboten. Es war der Beginn einer Verfolgung. 5)

Da Sinti und Roma nirgends mehr herzlich willkommen waren und selten geduldet worden waren, waren sie gezwungen von Land zu Land zuziehen.

Genaue Informationen über die Herkunft der Sinti und Roma sind zwar nicht bekannt, jedoch vermutet man aufgrund der ähnlichen Sprache, dass sie ursprünglich aus Indien stammen. Sie verbreiteten sich zunächst auf dem Balkan und waren lange Zeit dort sesshaft.

Not, Krieg und Verfolgung waren einer der ausschlaggebenden Gründe dafür, dass Sinti und Roma ihr Land verließen und zu einem Nomadenvolk wurden.

Sinti und Roma unterschieden sich in ihrer Mentalität von anderen Völkern. Sie grenzten sich von der Außenwelt ab, lebten und heirateten nur unter ihrer eigenen Sippschaft oder ihren Artverwandten.

In Deutschland wurden Sinti und Roma zum ersten Mal im Jahre 1407 entdeckt. Zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert wurde das früher beliebte und bestaunte Volk vertrieben, auseinander gerissen, Folter und Erschießungen ungeschützt ausgesetzt.

Die Sinti und Roma reagierten auf diese Änderung ebenfalls negativ. Sie bildeten Räuberbanden, um sich ernähren zu können, denn Arbeitsstellen wurden ihnen keine mehr angeboten und das Geschäft der Händler ging ebenfalls aus, weil niemand sich den Sinti mehr näherte.

Zwangsversuche, die Sinti und Roma sesshaft zu machen oder Versuche, ihre Mentalität eigenen Interessen anzupassen, endeten brutal und erfolglos.

Das Klischee der "sexuell verführerischen Zigeunerin, des genialischen Zigeunergeigers, der hexengleiche Wahrsagerin und der räuberisch vagabundierenden Zigeuner" 6)war geboren. Sie wurden nicht mehr als geheimnisvoll und faszinierend, sondern nun als "edle Wilde" und "arbeitsscheue Schmarotzer" 6) beschimpft.

1933 lebten im Deutschen Reich etwa 1500 "Zigeuner", darunter rund 1300 Sinti. Maßnahmen zur Verfolgung der Zigeuner im Dritten Reich wurden im Laufe der Zeit eingeführt. Eine davon war die sofortige Kürzung der Wohlfahrtsunterstützung, die zur Folge hatte, dass viele der Sinti aufgrund des Geldmangels verhungerten.

Sie wurden von nun an als "Zigeunerplage, Fremdvölker, Untermenschen" angesehen. Eine "ethnische Säuberung" wurde als notwendig gehalten, um die verfolgte Minderheit "auszurotten". Obwohl Zigeuner arischen Ursprungs waren, standen sie der erwünschten "Reinrassigkeit" im Weg. 4)

Das wird deutlich in folgendem Dokument:

Aus dem Runderlaß des Reichsführer SS vom 8.12.1938 - S-Kr 1 Nr. 557 VIII/38-2026-6*).
A. Allgemeine Bestimmungen.
I. (1) Die bisher bei der Bekämpfung der Zigeunerplage gesammelten Erfahrungen und die durch die rassenbiologischen Forschungen gewonnenen Erkenntnisse lassen es angezeigt erscheinen, die Regelung der Zigeunerfrage aus dem Wesen dieser Rasse heraus in Angriff zu nehmen. Erfahrungsgemäß haben die Mischlinge den größten Anteil an der Kriminalität der Zigeuner. Andererseits hat es sich gezeigt, daß die Versuche, die Zigeuner sesshaft zu machen, gerade bei den rassereinen Zigeunern infolge ihres starken Wandertriebes mißlungen sind. [...]
3. (1) Die endgültige Feststellung, ob es sich um einen Zigeuner, Zigeunermischling oder eine sonstige nach Zigeunerart umherziehende Person handelt, trifft das Reichskrim. Pol. Amt auf Grund eines Sachverständigengutachtens.
(2) Ich ordne deshalb auf Grund des § 1 der VO. des Reichspräsidenten zum Schutze von Volk und Staat v. 28. 2. 1933 (RGBl. I S. 83) - für das Land Österreich auf Grund des § 1 der Zweiten VO. zum Ges. über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reiche v. 18. 3. 1938 (RGBl. I S. 262) [...] an, daß alle Zigeuner, Zigeunermischlinge und nach Zigeunerart umherziehenden Personen verpflichtet sind, sich der zur Erstattung des Sachverständigengutachtens erforderlichen rassenbiologischen Untersuchung zu unterziehen, [...]. Die Durchführung dieser Anordnung ist mit Mitteln polizeilichen Zwanges sicherzustellen.[...]


In einem deutschen Ärzteblatt von 1939 heißt es:


Die Zigeuner als asoziale Bevölkerungsgruppe

Nur durch eine erweiterte Anwendung der Sicherheitsverwahrung oder irgendeine andere Form der Asylisierung dürfte es gelingen, wenigstens vorläufig ihrem volksschädigenden Treiben Einhalt zu tun. Grundsätzlich muss indessen gefordert werden, unter allen Umständen Menschen dieser Artung daran hindern, ihr minderwertiges Erbgut an nachfolgende Geschlechter weiterzugeben. Ziel ist also: Rücksichtslose Ausmerzung dieser charakterlich defekten Bevölkerungsgruppe." 4) 5)

Nach der Wannseekonferenz wurden Verfolgung und systematische Ermordung der Sinti und Roma im Dritten Reich forciert. Im Januar 1942 wurden über 5000 Sinti und Roma im Vernichtungslager Kulmhof ermordet. Viele Familien wurden festgenommen und nach Auschwitz-Birkenau zwangsdeportiert. Ab Sommer 1942 wurden ganze Deportationszüge nach Auschwitz geschickt. Ein systematischer Massenmord war in vollem Gange.

Himmlers "Auschwitz-Erlass" vom Dezember 1942 beschleunigte die Verfolgung und hob alle Barrieren gegen eine Deportation auf. 5)Von nun an waren Sinti und Roma der Gefahr der Deportation und Zwangssterilisation sowie den grausamsten Experimenten der Nationalsozialisten hilflos ausgeliefert. Es gab kein Entkommen mehr. Alle "artfremden" ethnischen Gruppen in Deutschland waren einem Leben in Angst und ständiger Flucht aus der Todesfalle in der eigenen Heimat ausgeliefert, ohne wirklich etwas Böses getan zu haben. Ihre einzige Sünde war es, "anders" zu sein.

8. Denkmal und historische Realität

Betrachtet man das harte Schicksal der Sinti und Roma in Deutschland, so ist ein Andenken daran zwingend notwendig. Jedoch kann man am Anblick der kleinen Ehra zunächst wenig mit dem geschichtlichen Hintergrund verbinden. Fragt man vorbeigehende Passanten nach der Figur, erhält man oft die gleiche Antwort. Vielen ist diese Figur bis jetzt noch gar nicht wirklich aufgefallen. Jeder kennt die Rheinuferpromenade in der Düsseldorfer Altstadt, jeden Tag kommen ganz viele an Ehra vorbei, aber niemand weiß wirklich, warum sie dort steht und was sie symbolisieren soll.

Ich persönlich bin ebenfalls nur durch einen Zufall auf Ehra gestoßen.

Nimmt man sich jedoch einmal zwei Minuten Zeit, um die Inschrift links von Ehra zu lesen, erfährt man schnell, weshalb Ehra dort steht. Dem Betrachter wird deutlich, dass hier einer verfolgten Minderheit gedacht wird. Unschuldigen Menschen wurde Unrechtes getan und diese Andenken sollen an die grausame Zeit erinnern und die Bevölkerung davor bewahren, dass so etwas noch mal geschieht.

Leider werden Sinti und Roma auch heute noch aufgrund ihrer uns fremden Mentalität oft noch als Zigeuner beschimpft und sind unerwünscht. In der Gegenwart gibt es zwei Aufgaben in diesem Zusammenhang. Zunächst geht es nach wie vor darum, den staatlich organisierten Massenmord an Sinti und Roma in Erinnerung zu bringen und in Erinnerung zu halten. Auch gibt es medientypische Ausprägungen in Film und Fernsehen, Literatur und Zeitung, Musik und Rundfunk. In unserer Welt haben die Zigeuner einen festen Platz als asoziales, unsittliches und unmoralisches Volk. In knapp 50 % aller Berichte über Zigeuner, ist vorrangig oder ausschließlich von Kriminalität und Unruhestiftung die Rede. Betrachtet man genauer die Themenschwerpunkte, fällt auf, dass eine Reihe von Kriminalität, wie vor allem Einbruch, Diebstahl, 47,1 %, dann Wohnprobleme 16,0 %, soziale Konflikte mit 14,5 %, Lösungen für das Roma-Problem 7,4 % und Probleme des Aufenthaltsstatus 5,2 % - wobei es bei den vorgeschlagenen Lösungen überwiegend um ihre Vertreibung geht. Sinti und Roma werden fast ausschließlich im Zusammenhang mit Kriminalität und sozialen Konflikten thematisiert, sie sind ein Problem der öffentlichen Ordnung 7)

In einem Runderlass vom 22.2.1950 des Baden-württembergischen Innenministeriums, heißt es: "Die Prüfung der Wiedergutmachungsberechtigung der Zigeuner und

Zigeunermischlinge nach den Vorschriften des Entschädigungsgesetzes hat zu dem Ergebnis geführt, dass der genannte Personenkreis überwiegend nicht aus rassischen Gründen, sondern wegen seiner asozialen und kriminellen Handlungen verfolgt und inhaftiert worden ist." Eine Entschädigung für das Erlittene kam nicht zustande. 8)

Es wird immer noch in erster Linie auf Anpassung gedrängt. Da aber die Sinti und Roma ihre Mentalität auf keiner weise aufgeben möchten, kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den Zigeuner und der, in der Umgebung lebenden Bevölkerung und andererseits mit den Behörden.

Aufgrund ihrer uns eigenartigen Mentalität und Lebensweise, fühlen wir uns von ihnen belästigt und sehen sie als wichtigen Störfaktoren in unserer fortgeschrittenen Zivilisation.

Eines hat sich jedoch geändert, aufgrund der Menschenrechte und Glaubenfreiheit in vielen Ländern, sind Sinti und Roma nicht mehr gefährdet.

Hier noch zum Schluss ein Zitat:

"Es gibt in Deutschland und ebenso in den Nationalsozialistisch besetzten Ländern unter den Sinti und Roma keine Familie, die nicht unmittelbare Angehörige verloren hat. (...) Sie, die Opfer leiden -im Gegensatz zu den Tätern - bis heute und in ihren Erinnerungen, selbst noch an ihrem eigenen, zufälligen Überleben. Für sie gibt es kein Vergessen und keine Erlösung."

Romani Rose, Sprecher der Sinti und Roma. 5)

9. Schluss

Aufgrund meiner Recherchen ist für mich bemerkenswert, was alles so hinter einer kleinen Bronzefigur stecken kann. Betrachtet man das unglückliche Schicksal der unschuldigen Sinti und Roma in Deutschland, fällt auf, dass sich nicht wirklich etwas an ihrer Lage geändert hat. Sie gehören immer noch, aufgrund ihrer Mentalität, zu einer unbeliebten und nicht immer mit offenen Armen empfangenen Minderheit. Eines ist klar, heute noch sind die Sinti und Roma immer noch ein unbeliebtes und ungern geduldetes Volk.

Es gibt jedoch verstärkt Gruppen, die die Interessen der Sinti und Roma vertreten.

Am Beispiel von Otto Pankok sieht man, dass es Menschen gibt, die sich dafür einsetzen, damit so etwas nicht mehr passiert. Als Otto Pankok im Jahre 1966 starb, veröffentlichte man viele Werke, die als Andenken der in den Konzentrationslagern ermordeten Sinti und Roma angefertigt wurden. Pankok setzte sich für die Überlebenden ein und gründete viele Hilfeorganisationen, die heute noch bestehen.

10. Reflexion

Die Arbeit hat mir insgesamt Spaß gemacht. Dazu muss ich sagen, dass Geschichte noch nie mein Spezialgebiet war. Trotzdem habe ich durch diese Arbeit gelernt, wie wichtig doch Geschichte eigentlich ist - und das Wichtigste, es trägt viel zur Allgemeinbildung bei. Außerdem ist mir aufgefallen, dass viele von uns, unter anderem auch ich, sich viel zu wenig mit den zahlreichen Denkmälern unserer Stadt beschäftigen. Man sieht sie zwar, aber in der Regel nimmt man sich kaum Zeit, sich näher mit ihnen zu beschäftigen. Eine wirkliche Wahrnehmung oder Realisierung kommt leider zu selten zustande. Meiner Meinung nach sollte im Unterricht viel mehr auf unsere Geschichte eingegangen werden, so dass man einen kleinen Überblick bekommt, was dazu beigetragen hat, dass wir heute so leben, wie wir leben.

Anhang

Literaturverzeichnis

Bücher


  • A. Lessing:
    Mein Leben im Versteck Wie ein deutscher Sinto den Holocaust überlebte Mit einem Vorwort von Günther Wallraff, bearbeitet von Andreas Schmid; Zebulon Verlag: Düsseldorf 1993
  • Hrsg. H. und E.
    Pankok: Grafische Gestaltung J. Pankarz, Druck Mülheimer Druckerei
    Gesellschaft mbH, Mülheim (Ruhr) o.J.
  • M.Zimmermann, in:
    Legenden, Lügen, Vorurteile Ein Wörterbuch zur Zeitgeschichte,
    Hrsg. W. Benz dtv 3295, Deutscher Taschenbuchverlag GmbH & Co K, München
    C.H.B. Beck`sche Buchdruckerei Nördlingen 1992/1993
  • O. Pankok:
    Zeichnungen Grafiken Plastik, Hrsg. K.L. Hofmann, C. Präger, B. Bessel;
    EP 82 Elefanten Press Verlag GmbH Berlin (West) 1982
  • R. Gronemeyer
    Georgia A. Pakelmann, die Zigeuner Reisende in Europa, Köln 1088
  • T. Bastian:
    Sinti und Roma im Dritten Reich Geschichte einer Verfolgung, Verlag C.H. Beck,
    Originalausgabe München 2001

Internetquellen

    o.V. www.Zigeuner.de Dateien \ Sinti und Roma Antiziganismus in den Medien von heute.htm o.D.

    o.V. www.Zigeuner.de Dateien\ sinti_und_roma_seit_600_jahren.html o.D.

    o.V. www.hulda-pankok-gesamtschule.de Unser Name ist Programm.htm o.D.

Bilder


  • Hrsg. H. und E. Pankok: Otto Pankok Zeichnung Holzschnitt Radierungen und Plastik
  • Otto Pankok Museum, Haus Esselt
  • Fotos: W. Klein Düsseldorf Gerresheim, Kreisbildstelle Landkreis Rees , E. Vetter, Düsseldorf Oberkassel, I. Wollenzien, Düsseldorf
  • Druck: Mülheimer Druckerei Gesellschaft mbH. Mülheim (Ruhr) o.J.




1 Vgl. www.huldapankok-gesamtschule.de

2 Vgl. Otto Pankok Museum Haus Esselt

3 Otto Pankok, Zeichnung Grafik und Plastik

4 Vgl. T. Bastian, Sinti und Roma im Dritten Reich S. 26 f.

5 Vgl. Mein Leben im Versteck, Autobiografie von G. Lessing

5

6 Artikel M. zimmermann in Die Zigeuner, Reisende in Europa

6

4T.Bastian S.33 f., 37

4ebenda S, 37 Zit. nach Ärztekammer Berlin: Der Wert des Menschen

5 Mein Leben im Versteck, Autobiografie von G. Lessing

5 Vgl. ebenda S.111

7siehe dazu: www,Zigeuner.de -Dateien\ Sinti und Roma Antiziganismus in den Medien von heute.htm

8 Vgl. T. Bastian, Sinti und Roma im Dritten Reich

5 Zitat in : Mein Leben im Versteck


© Copyright 2006 Freimut Köster
Design: Professional Web Solutions