FacharbeitenHeinrich-Heine-Gesamtschule
Düsseldorfs Entwicklung in der Zeit der Hochindustrialisierung – wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch.
Facharbeit im Leistungskurs Geschichte bei Herrn Köstervon Sebastian Skuballa
Schuljahr 2002/2003 Abgabedatum 21.02.2003 Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort 2 2. Einleitung 3
Unter dem Einfluss des Metallverarbeitenden Gewerbes 3.1 Das Rohr als Industrieträger der Düsseldorfer Wirtschaft 5 3.2 Die strukturelle und soziale Veränderung 6 Düsseldorfs als Folge der Industrieexpansion 3.3 Die Gesellschaft im Wandel 7 4. Die ,,Stadt der schönen Künste 8 4.1 Veränderung der politischen Atmosphäre 9 5. Die politischen Parteien als ,,Dreieck der Mächte’’ 10 5.1 Mächtekampf zwischen Liberalismus und Katholizismus 11 5.2 Der Kulturkampf 12 6. Schluss 13 7. Anhang: Bibliographie 14 Diagramme Bilder
Vorwort Die Recherche zu meinem ursprünglichen Thema der Facharbeit: ,,Welchen Beitrag hatte die Firma Mannesmann bei der Entwicklung Düsseldorfs in der Zeit der Hochindustrialisierung (1860 – 1914)’’ gestaltete sich, anders als erwartet, als nahezu unmöglich. Sehr wenig vorhandene Quellen, sowie die ständige Abwesenheit sämtlicher Buchquellen in den Büchereien behinderten eine zuverlässige und übersichtliche Quellenrecherche. So stellte sich als einzig aufgreifbare Alternative der Wechsel des Themas dar. Dieser Schritt wurde dann, nach Absprache mit dem Fachlehrer, eingeleitet. Erwartungsgemäß brachte das neue Thema: ,,Düsseldorfs Entwicklung in der Zeit der Hochindustrialisierung – wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch’’ eine entsprechende Besserung und Entlastung bei der Quellensuche. Leider war durch diese lange zeitliche Phase der (vergeblichen) Quellensuche bei dem ersten Thema der zeitliche Spielraum bis zum Abgabetermin deutlich enger geschnürt worden, so dass ein sehr intensives Arbeiten unter Zeitdruck notwendig war. Nichtsdestotrotz gestaltete sich die weitere Bearbeitung der Facharbeit als sehr lehrhaft und informativ, besonders als Düsseldorfer hatte ich hier die Möglichkeit mehr über die ,,Metropole am Rhein’’ zu erfahren. Bei der Recherche und Quellenfindung boten sich mir viele Materialien und Medien an, wobei jedoch nahezu der gesamte Teil der Recherche aus dem ,,gedruckten Wort’’ sämtlicher Bücher stammt. Diese stammten alle aus den Vorräten der Büchereien. Auf das Internet als Recherchenhilfe und Quellenbasis habe ich bewusst verzichtet da die dort vorhandenen Informationen subjektiv als zu sehr ,,ungeordnet’’ und nicht zuverlässig erschienen. Schließlich galt es sämtliche Quellen auszuwerten und als reflektierende Projektion zu dem Thema darzustellen. Es wurde mir bewusst dass der Rahmen dieser Facharbeit nicht ausreichen würde um das volle Spektrum der historischen Ereignisse und Umwälzungen, welche Düsseldorf von 1860 – 1914 durchlief, vollkommen darzustellen. Aus diesem Grunde musste stark komprimiert werden. Beispielsweise habe ich den Schwerpunkt der Düsseldorfer Wirtschaft-Expansion in den Bereich der Metall- und Eisenindustrie gelegt, da dieser im o.a. Zeitraum eine besonders starke Rolle gespielt hat. Darüber hinaus habe ich mich bemüht, den räumlichen Rahmen der Facharbeit so gut wie möglich auszureizen. Ich hoffe dies ist mir gelungen.
Einleitung Die Wirtschaft Düsseldorfs war bis zur Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht besonders effizient und aktiv gewesen. Erst im Zeitraum 1850 – 1860 entwickelte die Stadt Düsseldorf eine Eigendynamik im Bereich des Wirtschaftssektors. Speziell die Eisenverarbeitende Industrie wurde hierbei einbezogen. Diese Eigendynamik und der langsame aber stetige Wachstum bis 1860 wäre zweifelsfrei nicht möglich gewesen ohne die in den 30er Jahren etablierten Ansätze in diesem Wirtschaftbereich. Den entscheidenden Impuls für diese treibende Kraft Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre gab der Ausbau des Eisenbahn-Schienennetzes, der Aufbau einer Maschinenindustrie und Etablierung sämtlicher eisenverarbeitender Unternehmen. Dieser starke Wirtschaftszweig sollte jedoch keinesfalls der Einzige bleiben. Aus heutiger Sicht skeptisch klingend besaß Düsseldorf und seine nahe Umgebung zur Zeit um 1840 – 1870 beträchtliche Mengen an Rohstoffen wie z.B. das Eisenerz in Hochdahl und Büderich oder große Vorkommen von Kalk im Neandertal.1 Diese boten die wichtige Vorlage zur Errichtung verschiedener Hüttenwerke. Zu nennen seien dabei beispielsweise die Gründung der Hochdahler Hütte 1947, der Neusser Hütte 1860. Auch im Bereich der Selbständigen Unternehmen gab es zahlreiche Betriebe und Firmen. Diese vermochten es jedoch niemals einen entscheidenden Akzent für die Wirtschaft zu setzten. Trotz dieser fast schon pionierhaften Betriebsgründungen kam die Wirtschaft Düsseldorfs nicht richtig in Schwung. Die Wirtschaft der Stadt ,,schlenderte’’ vor sich hin. Schuld für diese Wirtschaftsflaute war vor allem die niedrige Zahl der Arbeiter in- und aus Düsseldorf. So gab es um 1860 lediglich eine Beschäftigungsquote von etwa 45%. Kinderarbeit kam sehr oft vor, so dass diese Zahlen wieder relativiert werden müssen, beziehen sie sich doch auf sämtliche Arbeitergruppen. Fortan musste man sich um die Werbung außerstädtischer Arbeitskräfte kümmern. Als sogenannten ,,Turning-Point’’ in der Wirtschafthistorie Düsseldorfs sei der Zeitraum um etwa 1860 – 1870 zu datieren. In diesen Jahren wandelte sich die Wirtschaftscharakteristik der Stadt Düsseldorf grundlegend um. Der Wirtschaftszweig der Metallindustrie bildete hierbei den Hauptsächlichen Grundstein für diese fortlaufende Entwicklung ab etwa 1860. Die Expansion der Düsseldorfer Wirtschaft unter dem Einfluss des Metallverarbeitenden Gewerbes Dieser ,,Boom’’ im metallverarbeitenden Gewerbe hatte seine Wurzeln zunächst in der schnellen Expansion dieses Sektors. Die Anzahl der Firmen vermehrte sich innerhalb kürzester Zeit sehr schnell. Somit stieg auch die Zahl der Arbeitsplätze bzw. Arbeiter. 1860 konnten bereits 700 Arbeiter der Metallindustrie zugerechnet werden. Dieser Wert stieg erheblich an. Alleine die Firma Piedbouf verzeichnete 1861 bereits 270 Beschäftige in ihrem Unternehmen2. Dementsprechend stieg die Zahl der produzierten Güter und Waren drastisch an. Aufgrund dieser Ereignisse belegte das Metallverarbeitende Gewerbe eine alleinige Spitzenposition in Düsseldorf. Doch die um 1860 ,,erblühte’’ Metallwirtschaft hatte ihre Gründungszeit eigentlich schon einige Jahre vorher gehabt. Der Bereich der Eisengießerei bestand bereits bis zur ,,Wandlungszeit’’ um 1860 aus ungefähr 10 Betrieben, welche ihre Gründerjahre meistens in den 1850er Jahren hatten. Ein bedeutender Schritt für die Wirtschaft Düsseldorfs war jedoch der revolutionäre Beschluss von Albert Poensgen, Düsseldorf als Standort für sein Röhrenwerk zu nutzen. Die Industriellenfamilie der Poensgen war zu damaligen Zeit auf der Suche nach einem günstigen Standort mit bereits ausgebauter Verkehrsstruktur. Düsseldorf bot sich ihnen als attraktiver Industriestandort an. Albert, Gustav, Rudolf und Karl Poensgen kamen aus der Eifel nach Düsseldorf und verlegten schließlich 1860 ihr Röhrenwerk aus Gemünd (Mauel) nach Düsseldorf. Die Brüder Gustav und Rudolf Poensgen übernahmen des Vaters Gemünder Betrieb, welchen sie auf die Herstellung von Fein- und Bandeisen spezialisierten, und zogen ebenfalls 1860 nach Düsseldorf. Sie schlossen sich 1872 mit Albert Poensgens Unternehmen zusammen und gründeten die ,,Düsseldorfer Röhren- und Eisensalzwerke’’. Der Grundstein war gelegt. Die Familie Poensgen gilt seither als pionierhafte Begründer der Düsseldorf Eisen- und Stahlindustrie. Sicherlich war Albert Poensgen nicht der einzig verbleibende auf diesem Wirtschaftssektor, aber seine Entschluss Düsseldorf als Industriestandort zu nutzen, gab der Stadt eine solch enorme wirtschaftliche Dynamik, welche Jahre später Düsseldorf zum Hauptmonopol in der Röhrenherstellung etablierte.
Das Rohr als Industrieträger der Düsseldorfer Wirtschaft Der Rohrsektor blühte. In der aufkommenden Industriezeit wurde das Rohr für sämtliche Erfindungen gebraucht und genutzt. Seit der Übersiedlung bzw. Erstgründung der Poensgen-Röhrenwerke 1860 in Düsseldorf entwickelte sich dieser Bereich mehr und mehr zum dominierenden Wirtschaftszweig der Düsseldorfer Industrie. Entsprechend ihres Unternehmerischen ,,Instinktes’’ bemerkten auch Albert Hahn und die Gebrüder Mannesmann den lukrativen Profit, welcher ein Einstieg in eben dieses Gewerbe zu bieten schien. So eröffnete Albert Hahn Ende der 1870er Jahre ebenfalls ein Röhrenwalzwerk in Oberbilk, Jahre später, in den 80er Jahren ein Puddel- und Walzwerk und schloss seine Unternehmerlust mit der Errichtung eines großen Hüttenwerkes ab. Eine wahrhafte Pionierleistung auf dem Gebiet der Röhrenproduktion konnten die Remscheider Brüder Reinhard und Max Mannesmann verzeichnen. Sie erfanden 1885 ein Verfahren, mit dem sich Rohre nahtlos herstellen ließen. Diese Idee setzten sie unverzüglich in praktische Ausübung um. Sie siedelten 1890 von Berlin nach Düsseldorf-Rath um und gründeten hier ihre ,,Mannesmann-Röhrenwerke’’3. Zur Jahrhundertwende, welche man auch als strikte Trennungslinie zwischen Industrialisierung und Hochindustrialisierung bezeichnen kann, war Düsseldorf somit zum Marktführer der Deutschen Röhrenherstellung aufgestiegen. Selbstverständlich bestanden die tragenden Säulen der Düsseldorfer Wirtschaftsentwicklung nicht ausschließlich aus dem Spektrum der Metallverarbeitenden Industrie bzw. Röhrenherstellung. Es existierte zudem noch eine stark florierende Maschinenbauindustrie und eine mit zunehmender Jahreszahl sich abschwächende Textilindustrie in Düsseldorf, doch war deren Entwicklung bei weitem nicht so dramatisch und prägend für die Stadt Düsseldorf wie es die Eisen/Röhrenindustrie war. So darf mit Sicherheit behauptet werden dass die Eisen-, später dann die Röhrenindustrie die herrschende Wirtschaftmacht in Düsseldorf gewesen ist, welche der Stadt einen unwiderruflichen Stempel aufgedrückt hat. Die strukturelle und soziale Veränderung Düsseldorf als Folge der Industrieexpansion Der gewaltige wirtschaftliche Aufschwung, der Düsseldorf 1860 - 1914 erreichte, ließ sich besonders in der Zahl der Zuwanderer feststellen. Die Zahlen stiegen enorm an. So vermehrte sich die Anzahl der Düsseldorfer Bevölkerung von 1861 bis 1913 von 49671 auf 4023004. Doch nicht nur die Zuwanderung war Grund für dieses faszinierende und fast schon an amerikanische Verhältnisse erinnernde Wachstum der Stadt, der Geburtenüberschuss war ebenfalls einer der zentralen Gründe hierfür. Er lag bei jährlich 2%, was nominell dazu ausgereicht hat um nach etwa 20 Jahren die Bevölkerung bis zum Jahr 1882 zu verdoppeln. Da angesichts eines solch erheblichen Bevölkerungswachstums das ,,alte’’ Düsseldorfer Stadtgebiet bis 1907 vollends ,,ausgefüllt’’ war, entschloss man sich einige Stadtteile wie etwa Wersten (1908) oder Stockum (1909) einzugemeinden. Diese Bezirke gehörten von nun an amtlich zur Stadt Düsseldorf. Doch nicht nur die Zahlen der Einwohner veränderten sich vor dem Hintergrund der schnell wachsenden Industrie bzw. Hochindustrie. Auch die Siedlungsstruktur Düsseldorfs veränderte sich. Seit Beginn der Ansässigkeit der großen Düsseldorfer Eisen- und Metallfabriken entstanden Arbeiterviertel, wie beispielsweise in Oberbilk und Flingern Ende des 19. und in Rath und Derendorf Anfang des 20. Jahrhunderts. Diese Siedlungen waren geprägt durch die ausschließliche Ansiedlung der Arbeiterklasse. Von diesem Zeitpunkt an, also als die ersten großen Industriefabriken ihre Werke in Düsseldorf eröffneten und die Bevölkerung sich als Folge dessen vermehrte, veränderte sich die gesellschaftliche und soziale Struktur der Stadt grundlegend. Nicht nur moralische Veränderungen, wie etwa der Bezug zum Glauben – etwa um 1850 waren die Düsseldorfer meist katholisch – oder die Einbehaltung der Traditionen und die damit verbundenen Wertevorstellungen traten ein. Auch die berufliche und familiäre Struktur der Düsseldorfer hat sich als Folge der Industrialisierung komplett verändert. 50 Jahre haben ausgereicht um von etwa 1850 – 1900 die Stadt Düsseldorf komplett ,,auf den Kopf zu stellen’’.
Die Gesellschaft im Wandel Zur Mitte des 19.Jahrhunderts war der ,,normale’’ Düsseldorfer Bürger ein in Düsseldorf geborener, katholisch erzogener Handwerker bzw. Kleinindustrieller. Diese Situation war 50 Jahre später, um 1900 schon komplett anders. Jetzt war der ansässige Düsseldorfer oftmals schon gar nicht mehr in der Stadt selbst geboren sondern kam von außerhalb, wurde höchstwahrscheinlich angeworben und war daher nur ,,ansässiger’’ Düsseldorfer. Auch arbeitete er längst nicht mehr im Handwerklichen Beruf sonder war fortan Beschäftigter bei den Düsseldorfer Großbetrieben, und wohnte mit höchster Wahrscheinlichkeit in einen von den ,,neu’’ errichteten Arbeitersiedlungen, welche beispielsweise in Flingern, Bilk oder Rath gebaut worden sind. Das neu entstandene wohlhabende Bürgertum, welches sich sein Geld an der gut florierenden Industrie verdient hatte, ließ sich in Bezirken wie Zoo, an der Grafenberger Allee5 oder in Oberkassel bzw. in den östlichen Randbezirken nieder was sich besonders an dem gepflegten Erscheinungsbild dieser Ortschaften festmachen ließ. Fabrikbesitzer und Großunternehmer hingegen fanden den Raum um den Hofgarten als attraktiven Niederlassungsplatz. Allen Gesellschaftsklassen – zur damaligen Zeit konnte man drei Wirtschaftsklassen verzeichnen, Arbeiter, Wohlhabendere, Industrielle - ging es verhältnismäßig gut in Düsseldorf. Die Anzahl der Bauern schwand mit der Zeit, sie waren gegen Ende des 19.Jahrhunderts noch hauptsächlich in den Bezirken Hamm, Volmerswerth und Flehe vertreten und reflektierten die traditionelle Lebensweise des Düsseldorfer Kleinbürgertums. War gegen Mitte des 19. Jahrhunderts katholisch die dominierende Konfession, vorwiegend des Mittelstandes und Kleinbürgertums, so stellte sich ab 1860 ein Konfessionswechsel in Düsseldorfs Gesellschaft ein. Dieser beruhte darauf das sich eine Oberschicht in der Gesellschaft entwickelte, welche protestantisch, nationalliberal oder freikonservativ orientiert gewesen ist. Diese neue Oberschicht setzte sich dann ultimativ gegen die große Mehrheit des katholischen Mittelstandes und Kleinbürgertums durch. ,,Die Stadt der schönen Künste’’ Neben der rasanten industriellen Entwicklung und damit steigenden Attraktivität der Stadt für Arbeiter, Anleger und Unternehmer bildete sich aus dieser Industrialisierungsphase eine neue Seite Düsseldorfs heraus: ,,Die Stadt der Schönen Künste’’6. Düsseldorf hatte viele Reize. Besonders den wohlhabenderen Bürgern und der Oberschicht bot die Stadt unzählige Möglichkeiten ihre Freizeit zu gestalten und sich unterhalten zu lassen. Doch nicht nur die Unterhaltenen sondern auch die Unterhalter selber hatten keine besonderen Existenzschwierigkeiten in Düsseldorf. Im Vergleich zu anderen westfälischen Städten wie etwa Duisburg oder Köln besaß Düsseldorf nämlich verhältnismäßig viele Künstler wie z.B. Maler, Bildhauer sowie Kupferstecher. Insgesamt lebten weit über 300 Künstler zur damaligen Zeit in Düsseldorf, darunter auch berühmte Persönlichkeiten wie etwa Achenbach, von Shadow, Otto Rehel, Overbeck oder Rehel. Die Künstler fühlten sich wohl in Düsseldorf. Das lag insbesondere daran dass sie gut organisiert waren, es gab drei Künstlervereine: ,,Verein der Düsseldorfer Künstler zur gegenseitigen Unterstützung und Hilfe’’ , ,,Künstlerverein Malkasten’’ und den gehobenen und hochvermögenden ,,Verein zur Errichtung einer Gemäldegalerie zu Düsseldorf’’, in welchem auch u.a. Künstler wie Andreas Achenbach, Wiegmann und von Shadow partizipierten. Trotz ihrer schwierigen, trinkfreudigen und nachtrhythmischen Persönlichkeiten existierten jedoch keine großartigen Konflikte zwischen den Künstlern und Bürgern Düsseldorfs. Das Gegenteil war sogar der Fall. Man akzeptierte die Künstler nicht nur, sondern nahm sie aktiv in die Gesellschaft auf und integrierte sie somit. Sogar entstand nach einiger Zeit eine Art Stolz der Düsseldorfer auf ihre Künstler, dieser äußerte sich auch in der Tatsache das man ihnen sogar vornehmere Gegenden wie beispielsweise die Wohnobjekte in der Jacobistraße nahe Schloss Jägerhof zur Bewohnung zugänglich machte. Da Düsseldorf eine Menge Künstler beherbergte war es zugleich eine positive Reflexion für die großzügigen Ausübungsmöglichkeiten der künstlerischen Fähigkeiten. Zugleich stellte es eine besterdenkliche Werbung für die Düsseldorfer Malkunst in den Nachbarstädten, nicht zuletzt in ganz Europa dar. Veränderung der gesellschaftlichen und politischen Atmosphäre Um die Jahrhundertwende konnte man in Düsseldorf einen revolutionären politischen und gesellschaftlichen Wandel feststellen. Preußens Innenpolitik ,,manifestierte die Standarisierung der Bildung und Kultur’’7, dieses Vorgehen konnten die Katholiken keinesfalls begrüßen. Sie fühlten sich bedroht in ihrem gewohnten Milieu. Die Situation der Katholiken verschlechterte sich im Laufe der Zeit als immer mehr protestantische Geschäftsleute und Unternehmer, welche von außerhalb kamen und die Macht- und Regierungspositionen der Stadt besetzten. Die katholische Kirche musste versuchen ihre Mitglieder ,,abzuschotten’’ gegen die neu entstandenen Weltanschaulichen Perspektiven wie etwa Einflüsse aus dem Liberalismus und dem Sozialismus, neuer Sitten und Lebensformen und besonders gegen die wissenschaftliche Weltanschauung des gerade entstandenen Darwinismus. Die katholische Kirche in Düsseldorf musste diesen neuen ,,Gefahren’’ und Herausforderungen entgegenwirken. Es wurden Vereine gegründet, die zugleich eine Funktion als politische Anlauf- und Sammelstelle hatten. Diese Vereine waren zugleich das Fundament für den politischen Katholizismus, welcher sich besonders im Zeitraum von 1868 und 1876 formierte. Dieser politische Katholizismus umfasste nicht die ganze Gesellschaft, sondern gerade das mittlere Bürgertum, die Bauern, Gärtner, Handwerker und vor allem Arbeiter konnten sich mit ihm gut identifizieren. Der politische Katholizismus war keine politische Bewegung im eigentlichen Sinne, vielmehr war er eine parteiliche Einrichtung die eher statisch als dynamisch in der damalige Politiklandschaft war. Die Ziele waren die Erhaltung der Position der Kirche im Staat, der Stadt und Gesellschaft aber gerade die Beibehaltung der als richtig angesehenen Lebenseinstellung, die Erziehung und Weitergabe von Sitten und Tradition hatten enorme Priorität im politischen Katholizismus. Jedoch hatte der politische Katholizismus auch interne Konflikte und Probleme. So gab es beispielsweise bei den liberalen und nationalen Katholiken eine allgemeine Ablehnung gegenüber dem Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes, eines Beschlusses des Ersten Vatikanischen Konzils. So gesehen war zwar ein allgemeiner Zusammenhalt vorhanden, jedoch war der politische Katholizismus keineswegs unzerbrechlich in seinen Grundsätzen. Die politischen Parteien als ,,Dreieck der Mächte’’ Düsseldorfs politische Landschaft im groben Zeitabschnitt von etwa 1860 bis 1914 kann am deutlichsten mit einem Dreieck dargestellt werden8. Es setzte sich im wesentlichen aus drei Kräfte- und Mächtespitzen zusammen. Zwar gab es noch andere politische Vereine wie etwa den ADAV (Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein), die sich Ideen und Ideale Lassalles zum Manifest machte, doch die dominantesten in der Zeit der Hochindustrialisierung waren die Liberalen, der politische Katholizismus sowie die Sozialdemokraten. Die älteste dieser Spitzen verzeichnete die bürgerlich-liberale Partei. Sie war jedoch noch nicht lange ,,zusammengesetzt’’ und bestand aus Fragmenten von untereinander konkurrierenden ,,Tendenzen’’. Die Zweite Spitze bzw. Macht des Dreiecks war der politische Katholizismus, er war jedoch eher zentralintern orientiert, dadurch war eine geringere Außenperspektive vorhanden. Als dritte und letzte Macht des ,,politischen Dreiecks’’ galt die sozialistische Bewegung, ab 1875 vereint. Die sozialistische Bewegung nannte sich ab 1890 namentlich ,,Sozialdemokratische Partei Deutschlands’’. Alle drei Parteien hatten über die Jahre hinweg sehr große Konflikte untereinander, zwar waren sie zeitweise zur Zusammenarbeit gezwungen, diese basierte im wesentlichen auf ,,Absprachen bei regionalen- und überregionalen Kandidaten- und Stadtverordnetenwahlen’’9, doch konnte sich ein ,,freundschaftliches’’ Verhältnis niemals aufbauen. Sogar die Parteien selber hatten teilweise sehr große innere Konflikte, welche sie erst einmal abbauen mussten. Besonders die protestantisch-liberalen waren von diesen internen Konflikten betroffen. Sie hatten wiederholt Probleme, ihre eigene Identität und Manifeste aufzustellen bzw. zu festigen. Immer wieder gerieten Sie in die Entscheidungsnot zwischen links- und rechtsliberal, ,,zwischen freiheitlich-demokratisch und preußisch-national.’’ Besonders aber wiederholte Konflikte dem Staat erschwerten den Düsseldorfer Parteien das Politikleben. Immer wieder gab es Meinungsverschiedenheiten von unterschiedlich langen Intervallen. Die Linksliberalen mussten sich von 1862 bis 1866, die Katholiken von 1874 bis in die 1880er Jahre und die Sozialdemokraten fast ununterbrochen bis 1914 Auseinandersetzungen und Unstimmigkeiten mit dem Staat ausstehen. Mächtekampf zwischen Liberalismus und Katholizismus Das politische Klima Düsseldorfs zur Zeit der Industrialisierung und Hochindustrialisierung war sehr geprägt vom Liberalismus und politischem Katholizismus. Die sozial(demokratische) Kraft war bis etwa zum Ende des 19. Jahrhunderts sehr schwach und konnte daher keine Konkurrenzposition gegenüber den anderen beiden politischen Kräften einnehmen. Trotz der gegenseitigen Mächtekonkurrenz hatte der Liberalismus dem politischen Katholizismus einige Vorteile voraus. Beispielsweise hatte er in Düsseldorf eine viel ältere Tradition10 – dies machte sich vor allem als effektive Vertrauensbasis bei den Bürgern bzw. Wählern bemerkbar. Die Liberalen waren größtenteils Bürger des gehobenen und wohlstehenden Standes. Meist gab es interne Geschäftsverbindungen. Durch ihre Staatstreue wurden sie in der Regel vom Regierungspräsidenten gestützt und unterstützt. Ihre politische Orientierung zielte besonders auf die ,,Respektierung der Verfassung’’. Die Liberalen konnten hauptsächlich zu Beginn der Industrialisierung 1862 eine großen Beliebtheitsgrad bei der breiten Masse der Wähler erzielen. (1861 wurde die Fortschrittspartei gegründet.) Im Jahr darauf brach unter der preußischen Regierung ein Verfassungskonflikt aus und als ,,Ministerpräsident Bismarck eine Vergrößerung des Heeres [...] durchführte’’ setzen sich die Liberalen gegen diesen Entscheid. Die Mehrheit der Wähler schloss sich an. Obwohl die Liberalen gerade in den spätern 1860er und 1870er Jahren intern schlecht organisiert waren und immer wieder einen ,,inneren Umbruch’’ durchliefen, hatten sie sich jedoch gerade durch solche Behauptungssituation wie bei dem Widerstand gegen Bismarck ein starkes gesellschaftliches Fundament gesetzt. Etwa ab 1864 konnte sich eine sehr deutliche Interessendifferenz zwischen links- und rechtsliberal feststellen lassen. Die linksliberalen hatten starken Bezug zur Arbeiterschaft, natürlich begründet durch die so gewonnene Mehrzahl an Wählern. Trotzdem wurde eine Intervention der linksliberalen für die Interessen der Arbeiterschaft, ihrer Wähler niemals richtig realisiert. Dies wurde in immer größeren Massen von den Arbeitern vorhergesehen und so war es nur verständlich dass die linksliberalen bei den Ersatzwahlen zum Reichstag 1882 gänzlich zusammengebrochen sind. Sie haben sich zwar wieder zu den Kommunalwahlen aufgerichtet, gaben kurze Zeit später jedoch ganz auf. Der Kulturkampf Der Kulturkampf in Düsseldorf entstand in den 1870er und 1880er Jahren. Er schlug massiv in das Gesellschafts- und Politikleben ein. Er war eine, von hetzerischem Charakter geprägte Auseinandersetzung zwischen dem liberalen und katholischen Sektor. Besonders die Düsseldorfer Behörden und die Amtlichen gingen gezielt gegen den Katholizismus vor. Davon betroffen waren besonders die katholischen Geistlichen sowie die Orden. Die Position des Pfarrers in der Gesellschaft sollte geschwächt werden11. Dazu wurden neue Gesetze verabschiedet, welche die Ausübung eines geistlichen Amtes nur unter sehr strengen Voraussetzungen und Bedingungen erlaubten. So musste z.B. jeder Bischof ,,die Übertragung eines geistlichen Amtes’’ anzeigen, die Ausbildung war genauestens vorgeschrieben. Sämtliche öffentliche wie nicht-öffentliche Ausübungen der Geistlichen, wie etwa Predigten wurden seitens der Polizei Überwacht und Ausspioniert12. So entstand nach einiger Zeit ein polizeistaatlicher Sozialcharakter in Düsseldorf. Der Druck auf katholische Geistliche und Amtliche Persönlichkeiten gipfelte schließlich in dem Befehl des Düsseldorfer Regierungspräsidenten vom August 1875, als den Dominikanern und Franziskanern befohlen wurde sich aufzulösen, worauf hin die Franziskaner aus Verweigerung in die USA auswanderten13. Der Düsseldorfer Kulturkampf war in seiner eigentlichen Interpretation jedoch sehr viel mehr als ,,nur’’ eine innerstädtische Auseinandersetzung zwischen Liberalen und Gesellschaftseinflussreichen Katholiken, wie dies beispielsweise die Geistlichen waren. Es ging hierbei um eine Umbruchsituation, verursacht insbesondere durch die einsetzende Industrialisierung. Es standen sich zwei Lager gegenüber, auf der einen Seite die neuen, meist fremd zugezogenen und protestantisch-gläubigen Industriellen, auf der anderen die alteingesessenen, von alten Traditionen und Moralvorstellungen geprägten Katholiken. Insofern kann der Kulturkampf mehr oder weniger als ein Aufbegehren, eine Ablehnung der Katholiken gegen den neuen ,,Industriegeist’’ interpretiert und gewertet werden. Zumindest die liberalen Industriellen stachen zeitweise als Sieger hervor konnten sich fortan an den Hebeln der Macht in Düsseldorf beteiligen.
Schluss Düsseldorf - in einem Zeitraum von etwa knapp 60 Jahren veränderte sich das ,,Gesicht’’ der Stadt grundlegend. Eine Stadt die vor 1860 ihrem Namen als ,,Dorf an der Düssel’’ alle Ehre gemacht hat, wurde nun im Rahmen der Hochindustrialisierung zu einer der bedeutendsten Städte, sowohl wirtschaftlich, gesellschaftlich als auch politisch, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Düsseldorf machte sehr große Veränderungen mit. Nichts schien mehr so zu bleiben wie es vor der Hochindustrialisierung war. Großunternehmer wie Poensgen, Mannesmann usw. zogen nach Düsseldorf, bauten hier ihre Imperien auf und bescherten der Stadt unwiderruflichen Ruhm in nahezu ganz Europa. Die Gesellschaft musste sich selber in Frage stellen. Welchen Idealen wollte und konnte sie folgen? Eine komplett neue Welle der Wertevorstellungen trat in die Stadt, die Bevölkerung musste sich einer neuen Identifizierung mit ihrer Stadt, der Stadt Düsseldorf stellen. Besonders die katholische Kirche sah sich durch die neu einsetzende Industrialisierung bedroht. Sie musste ihre Werte und Ideale nicht nur aufrecht erhalten, sondern diese zugleich auch an ihre Mitglieder glaubhaft weitervermitteln. Doch nicht nur die Konfession der Düsseldorfer änderte sich mit der Zeit. Auch gesellschaftlich gab es viel Aufruhr und Aufregung, der Kulturkampf schien die Gesellschaft spalten zu wollen. Hier traten der liberale und katholische Sektor gegeneinander an. Zusammenfassend waren all diese Ereignisse sehr Umfassend und ich möchte fast schon behaupten ,,revolutionär’’ denn ,,evolutionär’’. In Anlehnung an all diese historischen Begebenheiten stelle ich fest, dass die Wandlung, welche Düsseldorf von 1860 – 1914 durchlief, von solch komplexem Ausmaße ist, dass sie sich gar nicht vollständig im Rahmen dieser Facharbeit darstellen lässt. Eine höchstinteressante Entwicklung trat in Düsseldorf seit etwa der Mitte des 19. Jahrhunderts ein. Diese Entwicklung, hervorgerufen durch die einsetzende Hochindustrialisierung, sollte die Stadt Düsseldorf in späteren Tagen noch zu rühmlichen Ehren verhelfen. Bibliographie und Quellenangaben
Füllner Karin, Prokasky Herbert, Dokumentation zur Geschichte der Stadt Düsseldorf, Die Industrialisierung, Pädagogisches Institut der Stadt Düsseldorf, 1986
Henning, Friedr.-Wilh., Düsseldorf und seine Wirtschaft, Zur Geschichte einer Region. Droste Verlag GmbH, Düsseldorf, 1981.
Hüttenberger, Peter, Die Entwicklung zur Großstadt bis zur Jahrhundertwende (1856 – 1900), Patmos Verlag GmbH, Düsseldorf, 1988
Kahmann, Gerd, Düsseldorf – im Wandel der Zeiten, Gesellschaft für Wirtschaftschronik mbH, Meerbusch, o.J.
Diagramm 1 zur Veranschaulichung des Düsseldorfer Bevölkerungswachstums von 1860 – 1914
Quelle: Henning, Düsseldorf und seine Wirtschaft, zur Geschichte einer Region, S.384
Diagramm 2 zur Veranschaulichung der Expansion der Beschäftigung in der schnell wachsenden Eisenindustrie
Quelle: Henning, Düsseldorf und seine Wirtschaft, zur Geschichte einer Region, S.419 Bilder und Fotos zur Veranschaulichung der Düsseldorfer Arbeits- und Lebensumstände von 1860 - 1914 Foto 1, Grafenberger Allee 1905
Quelle: Hüttenberger, Die Entwicklung zur Großstadt bis zur Jahrhundertwende
Foto 2, Mannemannröhrenwerke, Düsseldorf-Rat Quelle: Hüttenberger, Die Entwicklung zur Großstadt bis zur Jahrhundertwende Kartographische Darstellung des Kerngebietes der Industrialisierung Düsseldorfs im Jahr 1879
Anmerkungen Kapitel 4 Henning, Düsseldorf und seine Wirtschaft, 405f.
Kapitel 7 Henning, Düsseldorf und seine Wirtschaft, 381f.
Kapitel 9 1Füllner, Proskasky, Dokumentation zur Geschichte der Stadt Düsseldorf, Die Industrialisierung, 1860 –1914, 110f.
Kapitel 10 2Füllner, Proskasky, Dokumentation zur Geschichte der Stadt Düsseldorf, Die Industrialisierung, 1860 – 1914 110f.
Kapitel 11 3Füllner, Proskasky, Dokumentation zur Geschichte der Stadt Düsseldorf, Die Industrialisierung, 1860 – 1914, 112f.
Kapitel 12 4Hüttenberger, Die Entwicklung zur Großstadt bis zur Jahrhundertwende (1856 – 1900), 605f. 5Hüttenberger, Die Entwicklung zur Großstadt bis zur Jahrhundertwende (1856 – 1900), 606f. 6Hüttenberger, Die Entwicklung zur Großstadt bis zur Jahrhundertwende (1856 – 1900), 607f. 1 Füllner, Proskasky, Dokumentation zur Geschichte der Stadt Düsseldorf, 27f. 2 Henning, Düsseldorf und seine Wirtschaft, 405f. 3 siehe Foto 2 im Anhang, Mannesmann Röhrenwerke Rath 4 Bevölkerungswachstum; siehe Diagramm 1 im Anhang 5 siehe Foto 1 im Anhang, Grafenberger Allee 6 Henning, Düsseldorf und seine Wirtschaft, 381f. 7 Henning, Düsseldorf und seine Wirtschaft, 405f. 8 Füllner, Proskasky, Dokumentation zur Geschichte der Stadt Düsseldorf, 109ff. 9 Füllner, Proskasky, Dokumentation zur Geschichte der Stadt Düsseldorf, 110ff. 10 Füllner, Proskasky, Dokumentation zur Geschichte der Stadt Düsseldorf, 110f. 11 Hüttenberger, Die Entwicklung zur Großstadt bis zur Jahrhundertwende (1856-1900), 605f. 12 Hüttenberger, Die Entwicklung zur Großstadt bis zur Jahrhundertwende (1856-1900), 606f. 13 Hüttenberger, Die Entwicklung zur Großstadt bis zur Jahrhundertwende (1856-1900), 607f.
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