Geschichte mit Symbolen und Fundstücken
Bert Gerresheims Werk entstand aus Forschung und Erzählfreude

Fast 700 Jahre nach der Schlacht von Worringen sieht es in der Werkstatt des Bildhauers Bert Gerresheim wie auf einem Schlachtfeld aus. In seinem Atelier an der Hüttenstraße in Düsseldorf liegen, über Boden und Arbeitstische verstreut, Schädel von Mensch und Pferd, wächserne Körper und Rüstungs-Fragmente, Gipsmodelle von Helmen, Schilden und Waffen. An einem riesigen Gerüst aus Draht und Latten fügen sich viele solcher Teile zu einer dramatischen Szenerie. Und an den milchigen Fenstern dahinter rauschen schemenhaft die Züge Richtung Hauptbahnhof vorbei. Wäre der Raum nicht so hell und wäre Gerresheim nicht so herzlich, der Besucher könnte sich versetzt fühlen in ein Gruselkabinett.

Die Schlacht als seelenlose Raserei

Vorstellungen werden wach von jenem wütenden Gemetzel auf der Worringer Heide im Jahre 1288, als Menschen besinnungslos einander zerhackten. Nein, kein heroisches Historienbild wird da gemalt, besser: geformt, gespachtelt, geschnitten, ziseliert - sondern eine schreckliche Wahrheit neu inszeniert: Krieg ist Wahnsinn. Helme und Brustpanzer entpuppen sich beim näheren Hinsehen als menschenleere Hüllen, seelen- und geistlos prallen die Feinde aufeinander, sind nur noch Attrappen von Menschengestalt, eine vor Wut explodierende Kampfmaschinerie im Dienste höherer Interessen. Ob Bauer, Ritter oder Bischof, die Figuren sind reduziert auf Requisiten und Raserei.
Doch die Geschichte geht weiter, es folgen Symbole auch von Wachstum und Wohlstand. Dem wüsten Getümmel auf der einen Seite steht auf der anderen Seite der Weinstock gegenüber, der ordentlich am Spalier rankt. Zwei Extreme einer Geschichtserzählung, die so subjektiv und künstlerisch autonom wie durchdacht und durch intensives Quellenstudium gestützt ist. Die im Historienbild aber auch kritisch die Gegenwart reflektiert. Im Kampfgetümmel entdeckt man auf einmal einen modernen Polizeihelm, darunter eine Pistole als Nase.

Stiftung der Düsseldorfer Jonges

In Bert Gerresheims Atelier entsteht in Tag und Nachtarbeit das "Stadterhebungsmonument" , das anläßlich des 700jährigen Stadtjubiläums am 12. August als Geschenk des Heimatvereines Düsseldorfer Jonges e. V. in die Obhut der Stadt übergeben wird. Am 14. August1288 hatte Graf Adolf V. von Berg den Düsseldorfern zum Dank für ihre Beteiligung an der Schlacht von Worringen, die das Machtstreben des Kölner Erzbischofs entscheidend eindämmte, die Stadtrechte verliehen - dieses Ereignis ist im Monument zitiert durch die Hände des Grafen und seiner Gemahlin Elisabeth von Geldern, welche die Siegel der (heute verschollenen) Urkunde halten. Bei aller sonstigen Lust am Porträtieren - da vom Grafenpaar keine historische Darstellung überliefert ist, respektiert Gerresheim "die Diskretion der Geschichte".

Mönch im Aufruhr und als Diener

Das Bronze-Monument, das sich als Relief auf gebogener Grundfläche über fünf Meter (und bis zu 2,40 Metern hoch) die Wand entlang entwickelt, aber mit vollplastischen Teilen weit in den Raum vorgreift, wird an einer Mauerecke am Burgplatz angebracht, in der Nähe des Schloßturms im Herzen der Düsseldorfer Altstadt. Unter den Füßen des Betrachters fließt die Düssel, die hier in einem Kanal unter dem Burgplatz verschwindet, bevor sie jenseits der Rheinuferstraße in den Strom mündet. Wenige Schritte nördlich liegt die Lambertuskirche, die am 8. September 1288 von Papst Nikolaus IV. in den Rang eines Kanonikatsstiftes erhoben worden ist. Auch dieses Ereignis wird im Monument angedeutet. Architekturzitate von Lambertuskirche und römischem Petersdom stellen die Verbindung her zwischen Orts- und Weltkirche.
Der sich aus dem Hintergrund-Relief " von Rom her" - nach vorne schiebende Schrein, der von einem Mönch aufgenommen wird, erinnert an die Übertragung der Apollinaris-Reliquien nach Düsseldorf.
Der Mönch - Modell stand übrigens ein junger Mitarbeiter der Kunstgießerei Schmäke, der sinnigerweise Priester heißt - ist eine aus Gerresheims Phantasie geborene, friedliche Version jenes anderen Mönches auf der linken Seite, des Walter Dodde, der die bergischen Bauern zum Kampf hetzt. Wieder eine innere Querbeziehung zwischen zwei gegensätzlichen Motiven: Da der Prediger des Aufruhrs gegen den Kölner Erzbischof, dort der stille Diener der Kirche.

Stadtpläne auch aus der Neuzeit

Ein Stilleben von Feldfrüchten und Handwerksprodukten vermittelt Markt-Atmosphäre, deutet auf städtischen Handel und Wandel. Schöffensiegel stehen für die hohe Gerichtsbarkeit. Ein Stapel stilisierter Stadtpläne veranschaulicht das Wachsen der Stadt vom Mittelalter bis zu den letzten Eingemeindungen von 1975. Und viele, viele Szenen, Bilder, Zitate, Symbole und Anspielungen mehr vereint diese riesige Collage. Von einem bestimmten Standpunkt aus zum Beispiel - Gerresheim markiert ihn am Boden mit einem Pflasterstein - sieht der Betrachter über den Köpfen der Kämpfer die Zahl "1288", gebildet aus den Waffen.

Verfasser: Werner Schwerter
In: Düsseldorf - Das Stadterhebungsmonument. Wie entsteht ein Denkmal? Dokumentation zum Werk von Bert Gerresheim. Herausgeber: Landeshauptstatd Düsseldorf; Der Oberstadtdirektor - Presseamt. Verantwortlich: Hans-Joachim Neisser

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